Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Polizei will Betrügerinnen mit Phantombildern jagen
Neben dem Fall in Apolda wurden vorige Woche zwei weitere Seniorinnen der Region beraubt
Die geraubten Ersparnisse einer Seniorin, die am vergangenen Donnerstag Opfer einer Trickbetrüger-Bande geworden war, blieb kein Einzelfall: Wie die Polizeidirektion Jena gestern mitteilte, gab es am selben Tag zwei ähnliche Vorkommnisse in der Region. Zwar war die Beute in beiden deutlich geringer, aber die Jenaer Ermittler haben Grund zur Annahme, dass bei allen drei Delikten dieselbe mobile Tätergruppe am Werke war, die überwiegend aus Frauen besteht.
„Eigentlich eine Uralt-Masche“, sagte auf Nachfrage unserer Zeitung gestern Steffi Kopp, die Sprecherin der Polizeidirektion. „Seit Anfang der Neunziger haben wir das immer wieder, und es handelt sich meist um reisende Täter.“
Wie kurz darauf in Apolda, so hatte es auch an der Tür einer älteren Dame im Bad Sulzaer Thälmannring geklingelt. Zwei Frauen standen davor und baten um Stift und Zettel, um einer anderen Bewohnerin des Hauses eine Nachricht hinterlassen zu können. Die Frau ließ die beiden in ihre Wohnung und stellte später fest, dass aus ihrem Schlafzimmer Schmuck im Wert von rund 100 Euro verschwunden war. Den Diebstahl selbst hatte sie nicht bemerkt, konnte aber zumindest die Täterinnen beschreiben: Eine war 1,63 Meter groß, 50 bis 55 Jahre alt, stark geschminkt und dunkelhaarig. Sie war gut gekleidet, machte einen gepflegten Eindruck und sprach Deutsch mit ganz leichtem Akzent. Die zweite Frau: etwas jünger, etwas strammer, machte einen leicht verwirrten Eindruck. „Meine Schwester“, so stellte die Ältere sie vor.
Zuvor gegen 10.30 Uhr in Apolda hatte eine einzelne Frau bei einer Seniorin geklingelt und erbat deren Hilfe. Auch ihr gelang es, in die Wohnung zu kommen und die alte Dame im Wohnzimmer in ein längeres Gespräch zu verwickeln. Als sie sich wieder verabschiedet hatte, fehlten aus dem Wohnzimmerschrank zwei Goldringe und mehrere hundert Euro Bargeld. Täterbeschreibung in diesem Fall: etwa 16 bis 25 Jahre alt, 1,60 bis 1,70 Meter groß, schlanke Figur, schulterlange blonde Haare und deutschsprachig.
Wenig später, am frühen Nachmittag, folgte dann der dritte und für das Opfer besonders bittere Raubzug. Deshalb rückte die Polizei dort am Tag nach der Anzeige noch einmal an und versuchte, alle möglichen Spuren zu sichern. Im Kleiderschrank im Schlafzimmer, wo die alte Dame ihre kompletten Ersparnisse versteckt hatte, gab es zumindest schon mal keine Fingerabdrücke: „Die Täterin oder der Täter dort muss Handschuhe getragen haben“, so Steffi Kopp. In jedem Fall erstellt die Polizei mit Hilfe der Beraubten Phantombilder, die sie möglicherweise aber erst in zwei Wochen veröffentlichen kann – dafür ist ein Richterbeschluss notwendig.
Für weitere Ermittlungsansätze muss das aber nicht zu spät sein: „Diese reisenden Gruppen übernachten ja auch irgendwo“, so Steffi Kopp. „Da könnte das Personal von Hotels, Pensionen, vielleicht auch Tankstellen sich eventuell erinnern. Vielleicht ja sogar schon anhand der Beschreibung. Da wäre jeder Hinweis wichtig, so schnell wie möglich.“
Kopp hat ein recht genaues Bild davon, was die Erfolgsfaktoren der reisenden Betrüger sind. „Die suchen sich ganz gezielt ältere Menschen als Opfer aus. Dann treten sie meist sehr überzeugend auf, sind freundlich, offen und liebenswürdig. Manchmal bitten sie um ein Glas Wasser, manchmal haben sie ein falsches Gewinnversprechen oder geben sich als Polizisten aus. Wenn sie erstmal in der Wohnung sind, haben sie ihr Ziel meist schon erreicht. Das ist der entscheidende Schritt. Dann lassen sie die Tür einen Spalt offen, und unbemerkt kommt eine weitere Person rein.“
Kopps Rat an alle Älteren: „Niemals jemand Fremdes in die Wohnung lassen! Im Zweifelsfall einen Nachbarn dazu rufen. Wenn Sie was von drinnen holen wollen, in diesem Fall Zettel und Stift, dann die Tür in dieser Zeit wieder schließen. Wenn etwas verdächtig erscheint: Per Notruf die Polizei holen.“Sie rät zudem einmal mehr davon ab, größere Bargeldbeträge oder wertvollen Schmuck daheim aufzubewahren.