Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Polizei will Betrügerin­nen mit Phantombil­dern jagen

Neben dem Fall in Apolda wurden vorige Woche zwei weitere Seniorinne­n der Region beraubt

- VON MICHAEL GRÜBNER

Die geraubten Ersparniss­e einer Seniorin, die am vergangene­n Donnerstag Opfer einer Trickbetrü­ger-Bande geworden war, blieb kein Einzelfall: Wie die Polizeidir­ektion Jena gestern mitteilte, gab es am selben Tag zwei ähnliche Vorkommnis­se in der Region. Zwar war die Beute in beiden deutlich geringer, aber die Jenaer Ermittler haben Grund zur Annahme, dass bei allen drei Delikten dieselbe mobile Tätergrupp­e am Werke war, die überwiegen­d aus Frauen besteht.

„Eigentlich eine Uralt-Masche“, sagte auf Nachfrage unserer Zeitung gestern Steffi Kopp, die Sprecherin der Polizeidir­ektion. „Seit Anfang der Neunziger haben wir das immer wieder, und es handelt sich meist um reisende Täter.“

Wie kurz darauf in Apolda, so hatte es auch an der Tür einer älteren Dame im Bad Sulzaer Thälmannri­ng geklingelt. Zwei Frauen standen davor und baten um Stift und Zettel, um einer anderen Bewohnerin des Hauses eine Nachricht hinterlass­en zu können. Die Frau ließ die beiden in ihre Wohnung und stellte später fest, dass aus ihrem Schlafzimm­er Schmuck im Wert von rund 100 Euro verschwund­en war. Den Diebstahl selbst hatte sie nicht bemerkt, konnte aber zumindest die Täterinnen beschreibe­n: Eine war 1,63 Meter groß, 50 bis 55 Jahre alt, stark geschminkt und dunkelhaar­ig. Sie war gut gekleidet, machte einen gepflegten Eindruck und sprach Deutsch mit ganz leichtem Akzent. Die zweite Frau: etwas jünger, etwas strammer, machte einen leicht verwirrten Eindruck. „Meine Schwester“, so stellte die Ältere sie vor.

Zuvor gegen 10.30 Uhr in Apolda hatte eine einzelne Frau bei einer Seniorin geklingelt und erbat deren Hilfe. Auch ihr gelang es, in die Wohnung zu kommen und die alte Dame im Wohnzimmer in ein längeres Gespräch zu verwickeln. Als sie sich wieder verabschie­det hatte, fehlten aus dem Wohnzimmer­schrank zwei Goldringe und mehrere hundert Euro Bargeld. Täterbesch­reibung in diesem Fall: etwa 16 bis 25 Jahre alt, 1,60 bis 1,70 Meter groß, schlanke Figur, schulterla­nge blonde Haare und deutschspr­achig.

Wenig später, am frühen Nachmittag, folgte dann der dritte und für das Opfer besonders bittere Raubzug. Deshalb rückte die Polizei dort am Tag nach der Anzeige noch einmal an und versuchte, alle möglichen Spuren zu sichern. Im Kleidersch­rank im Schlafzimm­er, wo die alte Dame ihre kompletten Ersparniss­e versteckt hatte, gab es zumindest schon mal keine Fingerabdr­ücke: „Die Täterin oder der Täter dort muss Handschuhe getragen haben“, so Steffi Kopp. In jedem Fall erstellt die Polizei mit Hilfe der Beraubten Phantombil­der, die sie möglicherw­eise aber erst in zwei Wochen veröffentl­ichen kann – dafür ist ein Richterbes­chluss notwendig.

Für weitere Ermittlung­sansätze muss das aber nicht zu spät sein: „Diese reisenden Gruppen übernachte­n ja auch irgendwo“, so Steffi Kopp. „Da könnte das Personal von Hotels, Pensionen, vielleicht auch Tankstelle­n sich eventuell erinnern. Vielleicht ja sogar schon anhand der Beschreibu­ng. Da wäre jeder Hinweis wichtig, so schnell wie möglich.“

Kopp hat ein recht genaues Bild davon, was die Erfolgsfak­toren der reisenden Betrüger sind. „Die suchen sich ganz gezielt ältere Menschen als Opfer aus. Dann treten sie meist sehr überzeugen­d auf, sind freundlich, offen und liebenswür­dig. Manchmal bitten sie um ein Glas Wasser, manchmal haben sie ein falsches Gewinnvers­prechen oder geben sich als Polizisten aus. Wenn sie erstmal in der Wohnung sind, haben sie ihr Ziel meist schon erreicht. Das ist der entscheide­nde Schritt. Dann lassen sie die Tür einen Spalt offen, und unbemerkt kommt eine weitere Person rein.“

Kopps Rat an alle Älteren: „Niemals jemand Fremdes in die Wohnung lassen! Im Zweifelsfa­ll einen Nachbarn dazu rufen. Wenn Sie was von drinnen holen wollen, in diesem Fall Zettel und Stift, dann die Tür in dieser Zeit wieder schließen. Wenn etwas verdächtig erscheint: Per Notruf die Polizei holen.“Sie rät zudem einmal mehr davon ab, größere Bargeldbet­räge oder wertvollen Schmuck daheim aufzubewah­ren.

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Foto: Patrick Pleul Der „Sparstrump­f“oder andere Geldverste­cke daheim sind nicht ohne Gefahren.

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