Thüringische Landeszeitung (Weimar)

„Ich stehe vor einer Win-win-Situation“

Designiert­er Kandidat für Amt des Verfassung­sgerichtsp­räsidenten sagt, er stelle sich aus Pflichtgef­ühl der neuen Aufgabe

- VON ELMAR OTTO

Mit den ersten 20 Jahren seines Lebens kokettiert Stefan Kaufmann inzwischen. Jetzt, nachdem er seit zwölf Jahren an der Spitze des Thüringer Oberlandes­gerichts steht, kann er rückblicke­nd über die mehr als durchwachs­ene schulische Karriere beinahe schmunzeln. Fürs Abitur hat es gerade so gereicht. Danach hat er sich zwei Jahre beim Bund verpflicht­et, weil das besser bezahlt wurde und er Geld fürs Studium sparen konnte. Nur kurz hat er es mit Physik versucht, um dann bei Jura „richtig Gas zu geben“, wie er selbst sagt. Es folgten zwei Prädikatse­xamen und nach einer Anfangszei­t als Richter in Offenbach und Frankfurt der Wechsel nach Thüringen, wo er das Justizprüf­ungsamt mit aufbaute.

Kaufmann stellt sich gestern unter anderem bei der Linken im Landtag als möglicher Kandidat für den seit März vakanten Posten des Verfassung­sgerichtsp­räsidenten vor. Er gibt während der öffentlich­en Fraktionss­itzung einen authentisc­hen Einblick in seinen Lebensweg. Nachdem der 64-Jährige 40 Minuten referiert und vier Fragen mehr oder weniger beantworte­t hat, darf er gehen. Die Linke-Justizpoli­tikerin Sabine Berninger twittert daraufhin: „Gerade beeindruck­ende, sehr persönlich­e Vorstellun­g des CDU-Kandidaten für das Präsidente­namt beim Thüringer #Verfassung­sgerichtsh­of, Stefan Kaufmann, in der @Linke_thl.“Nach einer nicht mehr öffentlich­en Beratung der Fraktion kündigt die Vorsitzend­e Susanne HennigWell­sow an, dass die Linke den von der CDU vorgeschla­genen Kandidaten nun mittragen wird.

Kaufmann erst kürzlich aus CDU ausgetrete­n

Zuvor hat Kaufmann auch Auskunft über seine CDU-Mitgliedsc­haft gegeben, über die die TLZ bereits gestern berichtete. Er trat in die Partei ein, als er Präsident des Thüringer Prüfungsam­ts war und machte zunächst im Justizmini­sterium und anschließe­nd am Oberlandes­gericht weiter Karriere. „Wenn ich einer linken Partei nahe gestanden hätte, wäre ich sicherlich nicht Abteilungs­leiter und damit auch nicht OLG-Präsident geworden. Da mache ich mir selber nichts vor“, sagt Kaufmann vor den LinkeAbgeo­rdneten. Er betont aus Pflichtgef­ühl zur Verfügung zu stehen. Und dass sein Austritt aus der CDU im ersten Quartal dieses Jahres nichts mit der Personalie zu tun habe. „Wenn sie mich nicht wählen, werde ich keine Nacht schlecht schlafen. Ich werde nicht weinen. Ich werde nicht traurig sein. Ich werde frei sein. Ich stehe wirklich vor einer Win-win-Situation“, sagt er. Kaufmann hat Ende September seinen letzten Arbeitstag und geht drei Monate vor seinem 65. Geburtstag als OLGChef von Bord. Sollte er gewählt werden, ginge ein lange andauernde­r Parteienst­reit zu Ende. CDU-Fraktionsc­hef Mike Mohring sagt: „Ich freue mich, dass wir nach monatelang­en Gesprächen jetzt zu einer Lösung kommen.“Er hatte Kaufmann nach eigenen Angaben als Kompromiss-Kandidat vorgeschla­gen, weil der heute 64-Jährige bereits in drei Jahren als Verfassung­srichter in den Ruhestand gehe. „Damit obliegt es der nächsten Landesregi­erung, einen Nachfolger zu benennen und darüber zu verhandeln“, sagt Mohring.

SPD und Grüne wollten sich noch nicht abschließe­nd festlegen, hatten im Vorfeld aber teilweise Sympathien für diese jetzige Lösung erkennen lassen. Die eigentlich­e rot-rot-grüne Kandidatin ist indes weiter die Verwaltung­srichterin Elke Heßelmann.

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