Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Islamist soll an Biowaffe gearbeitet haben
In einer Wohnung in Köln findet die Polizei verdächtige Substanzen – die Bundesanwaltschaft schließt einen terroristischen Hintergrund nicht aus
Die Polizisten trugen Masken, Schutzwesten und schwere Bewaffnung, als sie in die Wohnung des jungen Mannes einrückten. In den Zimmern des Wohnblocks im Kölner Stadtteil Chorweiler entdeckten die Beamten Substanzen, die nun im Labor des Robert-Koch-Instituts liegen. Ein erster Verdacht: Der festgenommene 29-jährige Tatverdächtige habe mit Chemikalien und toxischen Stoffen experimentiert, um Rizin herzustellen. Wenige Milligramm davon könnten einen Menschen töten.
Nach Informationen dieser Redaktion sind an einem Gegenstand tatsächlich Spuren von Rizin gefunden worden, außerdem Bauteile zum Herstellen einer Sprengvorrichtung. Der Verdächtige wurde inzwischen über Sankt Augustin nach Karlsruhe ausgeflogen. Der Tunesier, der seit 2016 in Deutschland lebt, steht nun unter Terrorverdacht. Der Bundesgerichtshof erließ Haftbefehl.
Verfassungsschützer hatten den Tatverdächtigen im Blick. Von einem ausländischen Geheimdienst bekam die deutsche Sicherheitsbehörde laut Medienberichten zuvor einen Hinweis: Der junge Mann bestellte bei einem Online-Versandhaus rund 1000 Samen einer Pflanze, aus denen sich Rizin gewinnen lässt. Laut Staatsanwaltschaft haben die Ermittler eigene Erkenntnisse gesammelt, die einen terroristischen Hintergrund nicht ausschließen. „Spiegel Online“berichtet, dass Profile des Mannes in sozialen Netzwerken Rückschlüsse auf eine ideologische Nähe zur Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) zulassen.
Ein ranghoher Ermittler aus Nordrhein-Westfalen berichtet dieser Redaktion, dass die mutmaßlich geplante Herstellung von Rizin durch den Tatverdächtigen in Köln klar die Handschrift von Al-Kaida trage. Die Terrorgruppe habe in Laboren im Jemen auch schon mit dem noch gefährlicheren Botulinum hantiert.
Wie weit war der junge Mann aus Tunesien, der mit einer deutschen Konvertitin und vier Kindern in Köln lebt, mit seinen Plänen? Das ist unklar. Ein Ermittler warnt: Der Mann müsse zur Herstellung derart toxischer Stoffe in eine Expertengruppe eingebunden gewesen sein. Laut Sicherheitskreisen soll eine erste Untersuchung des RobertKoch-Instituts ergeben haben, dass die gefundenen Stoffe und Chemikalien noch nicht den Status einer gefährlichen Biowaffe erreicht hatten.