Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Videobeweis bei der WM: Chance oder Wagnis?
Das Hilfsmittel feiert in Russland seine WMPremiere. Die Diskussionen der vergangenen Monate lassen nichts Gutes erahnen
Erstmals wird bei einer Weltmeisterschaft der Videobeweis eingesetzt – mit einigen Änderungen. Die sind aber noch nicht wirklich erprobt, können aber eine Chance darstellen.
Der Fernsehzuschauer soll genau das sehen, was auch der Schiedsrichter sieht, wenn er eine strittige Szene überprüft. Dazu kommt, dass währenddessen am unteren Bildschirmrand eingeblendet wird, ob es sich um einen Eingriff im Bereich der folgenden Situationen handelt: Tor, Elfmeter, Rote Karte, Spielerverwechslung.
Auch im Stadion wird die Wiederholung zu sehen sein, die zur Entscheidung des Schiris geführt hat. Auf der Internetseite der Fifa soll es zusätzlich die relevanten Infos zu den Entscheidungen geben. Neun Videoassistenten werden im „Video Operations Room“in Moskau sitzen und sich um die Abwicklung des Videobeweises und die richtigen TV-Bilder kümmern, schließlich soll alles glatt laufen.
Doch die Zweifel daran, dass alles glatt läuft, sind groß. „Die WM ist ein Premium-Produkt, das keine Experimente verdient“, sagt Ex-Schiedsrichter Urs Meier. Das WM-Chaos scheint programmiert. Die Gründe liegen auch in Deutschland, wo es in der vergangenen Saison massive Diskussionen um den Einsatz gab. Uefa-Boss Aleksander Ceferin gibt zu bedenken, dass der Videobeweis in den anderen Ligen zu einem großen Durcheinander geführt habe. „Ich habe Sorgen, weil Schiedsrichter eingesetzt werden, die noch nie mit dem Videobeweis zu tun hatten“, sagt er. Lediglich ein paar Seminare zu dem Thema habe es gegeben.
Auch der frühere Präsident der Fifa, der Schweizer Joseph Blatter, teilt die Ansicht der Kritiker: „Da stehen mir meine letzten Haare zu Berge“, sagte er mit Blick auf den Videobeweis in Russland im 11Freunde-Sonderheft. „Wie kann man etwas zulassen, dass nicht ausgereift ist?“Der Weltverband sieht das natürlich anders. Blatters Nachfolger Gianni Infantino ist nicht nervös: „Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass eine falsche Entscheidung nicht korrigiert wird.“Das Council um DFB-Präsident Reinhard Grindel hat den Einsatz des Videoassistenten ins Regelwerk mit aufgenommen und für die WM beschlossen. Auch die Bundesliga Schiedsrichter, die bei der WM im Einsatz sein werden, sehen den Einsatz positiv.
Funktionieren diese Änderungen im Turnier wie geplant, kann der WM-Videobeweis eine große Chance sein. Funktioniert er nicht und es gibt zu viele Diskussionen, ist das Experiment gescheitert.