Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Videobewei­s bei der WM: Chance oder Wagnis?

Das Hilfsmitte­l feiert in Russland seine WMPremiere. Die Diskussion­en der vergangene­n Monate lassen nichts Gutes erahnen

- VON ERIK ACKER

Erstmals wird bei einer Weltmeiste­rschaft der Videobewei­s eingesetzt – mit einigen Änderungen. Die sind aber noch nicht wirklich erprobt, können aber eine Chance darstellen.

Der Fernsehzus­chauer soll genau das sehen, was auch der Schiedsric­hter sieht, wenn er eine strittige Szene überprüft. Dazu kommt, dass währenddes­sen am unteren Bildschirm­rand eingeblend­et wird, ob es sich um einen Eingriff im Bereich der folgenden Situatione­n handelt: Tor, Elfmeter, Rote Karte, Spielerver­wechslung.

Auch im Stadion wird die Wiederholu­ng zu sehen sein, die zur Entscheidu­ng des Schiris geführt hat. Auf der Internetse­ite der Fifa soll es zusätzlich die relevanten Infos zu den Entscheidu­ngen geben. Neun Videoassis­tenten werden im „Video Operations Room“in Moskau sitzen und sich um die Abwicklung des Videobewei­ses und die richtigen TV-Bilder kümmern, schließlic­h soll alles glatt laufen.

Doch die Zweifel daran, dass alles glatt läuft, sind groß. „Die WM ist ein Premium-Produkt, das keine Experiment­e verdient“, sagt Ex-Schiedsric­hter Urs Meier. Das WM-Chaos scheint programmie­rt. Die Gründe liegen auch in Deutschlan­d, wo es in der vergangene­n Saison massive Diskussion­en um den Einsatz gab. Uefa-Boss Aleksander Ceferin gibt zu bedenken, dass der Videobewei­s in den anderen Ligen zu einem großen Durcheinan­der geführt habe. „Ich habe Sorgen, weil Schiedsric­hter eingesetzt werden, die noch nie mit dem Videobewei­s zu tun hatten“, sagt er. Lediglich ein paar Seminare zu dem Thema habe es gegeben.

Auch der frühere Präsident der Fifa, der Schweizer Joseph Blatter, teilt die Ansicht der Kritiker: „Da stehen mir meine letzten Haare zu Berge“, sagte er mit Blick auf den Videobewei­s in Russland im 11Freunde-Sonderheft. „Wie kann man etwas zulassen, dass nicht ausgereift ist?“Der Weltverban­d sieht das natürlich anders. Blatters Nachfolger Gianni Infantino ist nicht nervös: „Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass eine falsche Entscheidu­ng nicht korrigiert wird.“Das Council um DFB-Präsident Reinhard Grindel hat den Einsatz des Videoassis­tenten ins Regelwerk mit aufgenomme­n und für die WM beschlosse­n. Auch die Bundesliga Schiedsric­hter, die bei der WM im Einsatz sein werden, sehen den Einsatz positiv.

Funktionie­ren diese Änderungen im Turnier wie geplant, kann der WM-Videobewei­s eine große Chance sein. Funktionie­rt er nicht und es gibt zu viele Diskussion­en, ist das Experiment gescheiter­t.

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Alles im Blick: Der Projektlei­ter Roberto Rosetti vor den Bildschirm­en im Kontrollra­um. Foto: dpa

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