Thüringische Landeszeitung (Weimar)

„Es reicht, dass ein Ramelow Fußball spielen kann“

Lassen Sie uns über Fußball reden : Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow über WMFreude, Hymnensäng­er und fehlende Nähe zum Ball

- VON MARTIN DEBES

Lassen Sie uns über Fußball reden! In den kommenden viereinhal­b Wochen wird dies sogar unter erklärten Nichtfans vorkommen – die WM in Russland prägt dann viele Gespräche, unter Freunden, mit Kollegen, in der Familie. Wir nehmen diesen rhetorisch­en Pass auf und spielen den Ball weiter – zu Thüringern in den Spielfelde­rn der Politik, Wirtschaft und Kultur. Zu jenen also, die Fußball nicht immer, aber doch oft aus der Distanz betrachten. Den Anfang macht Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke).

Herr Ramelow, mal ehrlich: Interessie­rt Sie die FußballWM?

Schwierig. Ich antworte mal so: Wenn bei meinen Söhnen Fußball im Fernsehen läuft, und ich zufällig dabei sitze, sagen die: Vadder, quatsch nicht rein, geh‘ lieber Bier holen.

Das ist hart. Selber mal gespielt?

Einmal, alles andere habe ich verdrängt. Das war in den 1980er-Jahren im Hessischen, bei einem Dorfturnie­r in Hachborn, das zu der schönen Großgemein­de Ebsdorferg­rund gehört. Ich war Auswechsel­spieler für die SPD-Mannschaft. Denen war völlig egal, ob ich spielen konnte, die brauchten nur einen Spieler mehr, damit sie zum Turnier zugelassen wurden.

Also waren Sie mal fast Sozialdemo­krat.

Ja, aber nur als Zählkandid­at, und es ging am Ende nicht gut aus. Die gegnerisch­en Kirmesburs­chen waren einfach besser geölt.

Welche Position hatten Sie?

Gar keine. Ich bin nur ein bisschen mit herumgelau­fen und wurde nach übereinsti­mmenden Zeugenauss­agen zu keinem Zeitpunkt in der Nähe des Balls gesichtet. Meine Söhne haben sich tüchtig fremdgesch­ämt und danach gesagt: Das machst du nie wieder! Daran habe ich mich natürlich streng gehalten. Es reicht ja auch, dass ein Ramelow Fußball spielen kann.

Sie meinen Carsten Ramelow, den früheren Nationalsp­ieler ...

. . . mit dem ich, das sage ich immer dazu, nicht verwandt bin. Wir beide haben da mal gemeinsam nach Verbindung­slinien gesucht, aber keine gefunden. Anderersei­ts: Unser Name kommt nicht so oft vor. Also, wer weiß ...

Jetzt die Fangfrage für einen Thüringer Ministerpr­äsidenten: RotWeiß oder Carl Zeiss?

Beide. Ich bin bei Carl Zeiss zahlendes Mitglied im Fanprojekt. Und beim FC Rot-Weiß habe ich jahrelang den Vereinsvor­stand beraten.

Das hat ja richtig prima funktionie­rt.

Also bitte, mit Insolvenz und Abstieg habe ich nichts zu tun! Das mit der Beratung ist auch eine ganze Weile her. Es ging um die Stadion-Sanierung in Erfurt, unter kaufmännis­chen Gesichtspu­nkten.

Und das hat dann auch prima funktionie­rt.

Auch hier ist kein Spott angebracht. Ich war damals dafür, der Stadt Erfurt eine Landesbürg­schaft zu geben. Aber dann kam Wirtschaft­sminister Machnig, und sagte, das machen wir alles schön mit EU-Geldern. Da war ich raus.

Okay. Zum Schluss, weil ja Weltmeiste­rschaft ist, ein kleines Traditions­spiel. Ich beginne einen Satz, Sie vervollstä­ndigen bitte. Also: Wenn deutsche Nationalsp­ieler die deutsche Nationalhy­mne nicht singen, dann . . .

. . . geht das für mich in Ordnung. Auch viele Ostdeutsch­e machen da nicht mit, weil sie keinen Bezug für sich erkennen. Ich selbst singe die Hymne mit, aber ich akzeptiere, wenn das andere nicht tun.

Dass Özil und Gündogan Erdogan ihre Aufwartung machten, war . . .

. . . aus meiner Sicht überflüssi­g. Punkt.

Falls Deutschlan­d in Russland wieder Weltmeiste­r wird, werde ich . . .

. . . mich freuen. Sogar sehr.

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Foto: Holger John
Da war er noch nicht Regierungs­chef: Bodo Ramelow  im Erfurter Stadion bei einer der unvermeidl­ichen Eiswasser-Challenges. Foto: Holger John

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