Thüringische Landeszeitung (Weimar)
„Es reicht, dass ein Ramelow Fußball spielen kann“
Lassen Sie uns über Fußball reden : Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow über WMFreude, Hymnensänger und fehlende Nähe zum Ball
Lassen Sie uns über Fußball reden! In den kommenden viereinhalb Wochen wird dies sogar unter erklärten Nichtfans vorkommen – die WM in Russland prägt dann viele Gespräche, unter Freunden, mit Kollegen, in der Familie. Wir nehmen diesen rhetorischen Pass auf und spielen den Ball weiter – zu Thüringern in den Spielfeldern der Politik, Wirtschaft und Kultur. Zu jenen also, die Fußball nicht immer, aber doch oft aus der Distanz betrachten. Den Anfang macht Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke).
Herr Ramelow, mal ehrlich: Interessiert Sie die FußballWM?
Schwierig. Ich antworte mal so: Wenn bei meinen Söhnen Fußball im Fernsehen läuft, und ich zufällig dabei sitze, sagen die: Vadder, quatsch nicht rein, geh‘ lieber Bier holen.
Das ist hart. Selber mal gespielt?
Einmal, alles andere habe ich verdrängt. Das war in den 1980er-Jahren im Hessischen, bei einem Dorfturnier in Hachborn, das zu der schönen Großgemeinde Ebsdorfergrund gehört. Ich war Auswechselspieler für die SPD-Mannschaft. Denen war völlig egal, ob ich spielen konnte, die brauchten nur einen Spieler mehr, damit sie zum Turnier zugelassen wurden.
Also waren Sie mal fast Sozialdemokrat.
Ja, aber nur als Zählkandidat, und es ging am Ende nicht gut aus. Die gegnerischen Kirmesburschen waren einfach besser geölt.
Welche Position hatten Sie?
Gar keine. Ich bin nur ein bisschen mit herumgelaufen und wurde nach übereinstimmenden Zeugenaussagen zu keinem Zeitpunkt in der Nähe des Balls gesichtet. Meine Söhne haben sich tüchtig fremdgeschämt und danach gesagt: Das machst du nie wieder! Daran habe ich mich natürlich streng gehalten. Es reicht ja auch, dass ein Ramelow Fußball spielen kann.
Sie meinen Carsten Ramelow, den früheren Nationalspieler ...
. . . mit dem ich, das sage ich immer dazu, nicht verwandt bin. Wir beide haben da mal gemeinsam nach Verbindungslinien gesucht, aber keine gefunden. Andererseits: Unser Name kommt nicht so oft vor. Also, wer weiß ...
Jetzt die Fangfrage für einen Thüringer Ministerpräsidenten: RotWeiß oder Carl Zeiss?
Beide. Ich bin bei Carl Zeiss zahlendes Mitglied im Fanprojekt. Und beim FC Rot-Weiß habe ich jahrelang den Vereinsvorstand beraten.
Das hat ja richtig prima funktioniert.
Also bitte, mit Insolvenz und Abstieg habe ich nichts zu tun! Das mit der Beratung ist auch eine ganze Weile her. Es ging um die Stadion-Sanierung in Erfurt, unter kaufmännischen Gesichtspunkten.
Und das hat dann auch prima funktioniert.
Auch hier ist kein Spott angebracht. Ich war damals dafür, der Stadt Erfurt eine Landesbürgschaft zu geben. Aber dann kam Wirtschaftsminister Machnig, und sagte, das machen wir alles schön mit EU-Geldern. Da war ich raus.
Okay. Zum Schluss, weil ja Weltmeisterschaft ist, ein kleines Traditionsspiel. Ich beginne einen Satz, Sie vervollständigen bitte. Also: Wenn deutsche Nationalspieler die deutsche Nationalhymne nicht singen, dann . . .
. . . geht das für mich in Ordnung. Auch viele Ostdeutsche machen da nicht mit, weil sie keinen Bezug für sich erkennen. Ich selbst singe die Hymne mit, aber ich akzeptiere, wenn das andere nicht tun.
Dass Özil und Gündogan Erdogan ihre Aufwartung machten, war . . .
. . . aus meiner Sicht überflüssig. Punkt.
Falls Deutschland in Russland wieder Weltmeister wird, werde ich . . .
. . . mich freuen. Sogar sehr.