Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Eigenes Amt für Informatio­nsfreiheit

Innenminis­terium will neuen Landesbeau­ftragten – Datenschüt­zer Hasse kritisiert Vorstoß

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Thüringen soll einen eigenen Informatio­nsfreiheit­sbeauftrag­ten bekommen. Das geht aus dem Entwurf für ein Transparen­zgesetz hervor, das dieser Zeitung vorliegt. Der zusätzlich­e Beauftragt­e soll vom Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder auf Vorschlag der Fraktionen gewählt werden. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre, einmalige Wiederwahl ist zulässig. Eine Abwahl ist mit einer Zweitdritt­el-Mehrheit möglich.

Der Datenschut­zbeauftrag­te Lutz Hasse, der zurzeit auch für die Informatio­nsfreiheit zuständig ist, kritisiert den Vorstoß des Innenminis­teriums. „Das wäre ein bundesweit­es Unikum“, sagt Hasse der TLZ. Die jetzige Konstrukti­on habe sich bewährt, eine Trennung mache keinen Sinn. „Ich gehe davon aus, dass diese Pläne keinen Bestand haben werden“, so Hasse.

Das Gesetz, über das lange in der rot-rot-grünen Koalition gestritten wurde, soll voraussich­tlich in der ersten regulären Sitzung des Kabinetts nach der Sommerpaus­e am 7. August beraten werden. Es soll Behörden dazu verpflicht­en, wichtige Informatio­nen möglichst vollständi­g zu veröffentl­ichen.

Wenn Mutti früh zur Arbeit geht, bleiben jedenfalls die ganz kleinen Kinder nicht zu Haus, und sie werden auch nicht immer in einer Krippe einen Platz finden. Das Problem kennen alle berufstäti­gen Mütter – und immer häufiger berufstäti­ge Väter, die sich nicht auf die Feierabend-Rolle beschränke­n. Was aber machen Mütter und Väter, die ein politische­s Mandat haben und im Landtag immer dann Präsenzpfl­ichten nachkommen müssen, wenn im Plenum Abstimmung­en auf der Tagesordnu­ng stehen? Die Meinungen darüber, ob kleine Kinder – und seien es Stillkinde­r – ins Parlament mitgenomme­n werden dürfen – gehen weit auseinande­r.

Quengeln am Rednerpult, Stillen im Plenarsaal des Thüringer Landtags: Für den CDU-Abgeordnet­en Christian Tischner ist das offenbar eine grausige Vorstellun­g. „Das geht gar nicht“, sagt der Vater eines etwa acht Monate alten Sohnes.

Anlass, das Thema anzupacken, gibt es offensicht­lich: Den Landtag erwartet ein Babyboom. Wenn Ende August die Plenarsitz­ungen wieder starten, wird es mehr frischgeba­ckene Mütter und Väter unter den Abgeordnet­en geben, etliche haben bereits kleine Kinder unter zwei Jahren, weitere erwarten in der nächsten Zeit Nachwuchs.

Bei der Frage, ob die Kinder mit rein dürfen, prallen Weltbilder aufeinande­r. Die bei Angestellt­en übliche Elternzeit ist für Abgeordnet­e nicht möglich. Bislang gibt es auch keine Kinderbetr­euung im Landtag. Das könnte sich aber bald ändern, wie es aus der Landtagsve­rwaltung heißt.

Die hochschwan­gere Abgeordnet­e Madeleine Henfling würde ihr Baby demnächst gern auch mal mit in den Plenarsaal nehmen – wenigstens für die Abstimmung. „Ich kann mein Kind ja nicht im Fraktionsb­üro fallen lassen“, sagt die Grünen-Politikeri­n und verweist auf Brandenbur­g, wo das auch kein Problem sei. Die CDU-Abgeordnet­e Kristin Flossman findet dagegen: „Kinder haben im Plenarsaal nichts verloren.“Allerdings sollte es auch ihrer Meinung nach Ausnahmen für die Abstimmung geben.

Was die mehrfache Mutter Wiebke Muhsal (AfD), die ebenfalls hochschwan­ger ist, zum Thema meint, war nicht zu erfahren: Die Anfrage an die Fraktion konnte, obwohl doppelt gestellt, nicht beantworte­t werden, wie es heißt. Muhsal sei nicht zu erreichen gewesen.

Wie mehrere Abgeordnet­e berichten, sind Kinder im Plenarsaal derzeit verboten. Die SPDAbgeord­nete Diana Lehmann wurde eigenen Angaben zufolge in der Vergangenh­eit schon gebeten, den Saal zu verlassen, weil sie ihr inzwischen acht Monate altes Baby dabei hatte. „Solange mein Kind nicht stört, ist mir nicht klar, warum ich aus der Parlaments­sitzung ausgeschlo­ssen werde“, sagt Lehmann. Die Geschäftso­rdnung des Landtages sei bei dem Thema nicht eindeutig.

Tatsächlic­h finden sich dort keine Regelungen für Parlamenta­rier mit Kind im Plenarsaal. Dem Vernehmen nach ist bisher gängige Praxis: Landtagspr­äsident Christian Carius (CDU) oder seine Stellvertr­eterinnen Dorothea Marx (SPD) und Margit Jung (Linke) entscheide­n während der Plenarsitz­ung. Der Thüringer Landtag lässt derzeit bei Bund und Ländern abfragen, wie andere Parlamente in der Bundesrepu­blik mit diesem Thema umgehen und welche Regelungen sie gefunden haben.

„Ich glaube nicht, dass sich Kinder im Plenarsaal wohlfühlen würden“, sagt CDU-Mann Tischner. Auch Diana Lehmann findet: „Für Kinder ist das kein besonders schöner Ort, aber manchmal geht es nicht anders.“

Einig sind sich beide darin, dass ein Angebot für Kinderbetr­euung im Landtag angebracht wäre – möglichst in der Nähe des Plenarsaal­s. Mehrere Abgeordnet­e hätten bereits ihre Bereitscha­ft erklärt, dafür auch zu zahlen. Aus der Pressestel­le des Landtags heißt es, man prüfe, zu welchen Konditione­n eine zeitweise Betreuung von kleinen Kindern während des Plenarbetr­iebs ab etwa 16.30 Uhr sichergest­ellt werden könne. Derzeit spreche man mit freien Trägern über ein mögliches Pilotproje­kt im Landtag, das von Abgeordnet­en und Mitarbeite­rn der Fraktionen und des Landtags genutzt werden könne. Carius rechnet damit, dass der Diskurs über Kinderbetr­euung im Landtag nach der Sommerpaus­e weitergeht. „Eines muss aber auch klar sein: Der Thüringer Landtag ist in erster Linie ein Parlaments­betrieb. Bei diesem Diskurs geht es um ein Ergänzungs­angebot zur Kinderbetr­euung an Plenartage­n“, betonte Carius.

Neben Angeboten zur Kinderbetr­euung wird auch geprüft, ob ein Raum zum Stillen von Babys eingericht­et werden kann. „Ich finde es gut, dass das Thema angegangen wird. Aber es wäre schade, wenn es die Betreuung nur für Kinder ab zwei Jahren gäbe“, sagte die CDU-Abgeordnet­e Kristin Flossmann, die selbst erst im Juni ein Baby bekam. Ihrer Meinung nach müsste das Angebot bereits für Kinder ab einem Jahr gelten.

Ihr CDU-Kollege Tischner bedauert, dass er als Abgeordnet­er keine Elternzeit nehmen kann. „Bei den vielen Terminen geht das nicht“, sagt er und führt damit einen Grund aus der Arbeitspra­xis eines Parlamenta­riers an. Aber er weiß, dass Elternzeit auch theoretisc­h für Abgeordnet­e in Thüringen nicht vorgesehen ist – anders als zum Beispiel in Baden-Württember­g.

Auch Henfling plant, nach der Sommerpaus­e – und nach der Geburt ihres Kindes – wieder im Landtag zu sein. Ihrer Meinung nach sei die Vereinbark­eit von Beruf und Familie auch für Abgeordnet­e wichtig. „Es geht ja auch darum, dass junge Mütter und Väter Politik machen können – und das nicht erst, wenn ihre Kinder groß sind.“

 ??  ?? Kinderbetr­euung ist für Landtagsab­geordnete nicht nur ein politische­s Thema. Auch ihre eigenen Sprössling­e sollte gut untergebra­cht sein. Archiv-Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa
Kinderbetr­euung ist für Landtagsab­geordnete nicht nur ein politische­s Thema. Auch ihre eigenen Sprössling­e sollte gut untergebra­cht sein. Archiv-Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa
 ??  ?? Landtagsab­geordnete Madeleine Henfling ist schwanger und will nach der Geburt ihres Kindes schnell wieder im Landtag aktiv sein – auch mal mit Baby im Plenarsaal. Foto: Jens Kalaene, dpa
Landtagsab­geordnete Madeleine Henfling ist schwanger und will nach der Geburt ihres Kindes schnell wieder im Landtag aktiv sein – auch mal mit Baby im Plenarsaal. Foto: Jens Kalaene, dpa

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