Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Ringen um Weimar Porzellan
Blankenhainer Traditionsfirma: Vorläufiger Verwalter mit Blick auf Entscheidung zum Insolvenzverfahren zuversichtlich
Seit Ende des 18. Jahrhunderts wird in Blankenhain feines Porzellan hergestellt. Wo einst der Keramiker Christian Andreas Speck eine Fabrik aufbaute und erfolgreich führte, ist heute der vorläufige Insolvenzverwalter Rolf Rombach am Zuge. Noch bis zum 1. September haben er und sein Team Zeit, die Weimarer Porzellanmanufaktur Betriebs-GmbH (Weimar Porzellan) wieder in ruhigeres Fahrwasser zu lenken.
Die rund 60 Mitarbeiter, darunter auch vier Auszubildende, schwanken zwischen Hoffen und Bangen. Eine von ihnen ist Ingrid Geßner. Die 60-jährige Porzellanmalerin ist seit 44 Jahren im Betrieb. Dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben, ist ihr großer Wunsch. Entlassungen zumindest konnte Rechtsanwalt Rombach gestern auf Nachfrage nicht ausschließen.
Am 19. April war vor dem Hintergrund einer insgesamt recht schwierigen Marktlage ein Insolvenzantrag gestellt worden. Zur Zahl der Gläubiger und zu den Schulden könne er momentan nichts sagen, bat Rombach aber um Verständnis.
In rund zwei Monaten wird sich entscheiden, ob die Insolvenz eröffnet wird oder diese durch das Gericht mangels Masse abgewiesen wird. Letzteres würde bedeuten, dass Rombachs Mission an dieser Stelle beendet wäre. Dann nämlich würde der Geschäftsführer der Firma Könitz Porzellan, Turpin Rosenthal, auch in Blankenhain wieder aktiv die Geschäftsführung übernehmen. Weimar Porzellan gehört zu 100 Prozent zur Könitz Porzellan in Unterwellenborn. Laut Rombach hat diese zwar jährlich bei ihrer Blankenhainer Tochter Geld zugeschossen, habe allerdings selbst Antrag auf Eigenverwaltung gestellt, um sich zu sanieren.
Rolf Rombach versicherte auf Nachfrage, dass ihm das Unternehmen in Blankenhain sehr am Herzen liege. So würden sich seine Leute in einer Intensität ums operative Geschäft kümmern, wie es nicht üblich sei. Kurz: Der Anteil der Unternehmensberatung sei hoch. So sei man dabei, Abläufe zu optimieren, wobei sich im Bereich Glasur Verbesserungsmöglichkeiten abzeichneten. Bei der Auftragsbearbeitung und der Lagerhaltung gäbe es Potenzial. Auch soll versucht werden, bei den Produkten sinnvoll auszulichten. Da sei zu viel vorhanden, es müsste übersichtlicher werden, sagt Rombach. Die Anzahl der Dekors etwa sei von 33 bereits auf 13 reduziert worden.
Alles diene dazu, die Firma zu stabilisieren. So auch die Idee, die Kundenpflege zu stärken. So soll der persönliche Kontakt zu diesen im Ausland ausgebaut werden. Insbesondere im asiatischen Raum und in Russland, wo schweres, edles Porzellan nachgefragt werde, weiß Rombach. Immerhin würden bis zu 80 Prozent des Umsatzes in Asien, Saudi-Arabien, Dubai und Russland gemacht.
Von Hausmessen am Standort Blankenhain ist die Rede. Auch könnte interessierte Kunden die Handwerkskunst vorgeführt bekommen. So soll das Qualitäts- und Wertebewusstsein, eben die Bindung an die Marke, gefestigt werden. Der Blick richte sich aber ebenso auf die Onlinevermarktung, bei der es Nachholbedarf gäbe.
Für die nächsten zweieinhalb Monate seien die Aufträge gesichert. Parallel werde versucht, Investoren zu begeistern. Zwar gäbe es bereits Interessenten, es sei aber noch zu früh, zu diesen etwas zu sagen.
Fakt hingegen sei, dass Lieferanten derzeit nur auf Vorkasse Material bringen. Die Löhne seien durch das Insolvenzausfallgeld der Arbeitsagentur für Juni, Juli und August gesichert.
Dass die Firma mit ihren Produkten in Weimar in all den Jahren nicht präsent gewesen war, sei eigentlich ein Unding. Inzwischen gibt es einen Laden in der Frauentorstraße. Es handelt sich um ein „Pop-up-Store“, das Ende des Monats schon wieder schließt. Dafür aber soll am Fischmarkt in Erfurt zeitweise ein Laden eröffnen. Dass derzeit keine längeren Mietverträge geschlossen werden, habe damit zu tun, dass die Zukunft der Firma noch ungewiss sei.
Dass bald alles wieder gut wird, Weimar Porzellan überlebt, wünscht sich auch Katrin Krüger (52). Sie, die Tochter und ihr Ehemann stehen bei Weimar Porzellan in Lohn und Brot.