Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Disziplin und Wille
Man erhofft sich ja so einiges, wenn die besten Kicker alle vier Jahre auf ihrer Weltmesse zusammenkommen: taktische Innovationen, spielerische Trends, balltechnische Kostbarkeiten. Dinge also, die nicht nur das Finale am Sonntag in Moskau überdauern werden, sondern die sich festsetzen in unseren Gehirnen; und die bestenfalls eine fußballerische Ära prägen.
Blicken wir auf die vier Wochen in Russland zurück, müssen wir konstatieren: Bahnbrechendes förderte diese WM nicht zutage. Das Spiel wurde weder neu erfunden, noch hat es uns ästhetisch vom Hocker gerissen. Es gab zweifellos spektakuläre Duelle, wie das 3:3 zwichen Spanien und Portugal, Belgiens 5:2 gegen Tunesien oder Frankreichs 4:3Triumph im Achtelfinale über Argentinien.
Doch vor allem regierte Pragmatismus auf dem Spielfeld. Die Mannschaften setzten allesamt auf eine stabile Grundordnung; Kompaktheit stand vor Kreativität. Nicht zufällig fielen etwa die Hälfte aller WMTreffer durch Standards oder endeten 15 Partien mit 1:0. Ein diszipliniertes Defensivverhalten erwies sich als wichtigste Zutat des Erfolgsrezeptes. Zweifellos eine uralte Weisheit; die Franzosen führten uns die Kunst der Verteidigung und den TurboGegenstoß allerdings noch einmal in ganz neuer Perfektion vor Augen.
Im Hype um die SuperSuperSuperStars der Szene taugt Kroatiens Höhenflug zum Plädoyer für eine weitere, zuletzt immer seltener wertgeschätzte Grundtugend des Spiels: Trainer Dalic ist es binnen weniger Monate gelungen, aus einer Gruppe Hochbegabter eine verschworene Einheit zu formen. Anstatt darüber zu fabulieren, was man alles erreichen möchte, leben die Kroaten auf dem Rasen den unbedingten Willen vor, Geschichte zu schreiben.