Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Kampf gegen Lohnkürzung bei Real
Tausende Mitarbeiter im Streik. Tiefensee stellt sich an die Seite der Demonstranten. Gewerkschaft warnt vor Altersarmut durch Tarifflucht
„Wir sind Real. Ein Team. Ein Ziel“– das Motto auf dem riesigen Banner an der Konzernzentrale in Düsseldorf klingt für die 34 000 Beschäftigten in diesen Wochen wie Hohn. Rund 1200 von ihnen, so die Schätzung der Gewerkschaft Verdi, marschieren am Freitag an der Metrostraße 1 auf, um mit einem ohrenbetäubenden Trillerpfeifen-Konzert ihrem Ärger Luft zu machen.
„Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut“, skandieren die Real-Mitarbeiter. Verdi hat sie an diesem Freitag zum Streik aufgerufen. Ihre ganze Wut richtet sich gegen Metro-Chef Olaf Koch, der seit Jahren die Höhe der Löhne bei seiner schwächelnden SB-Warenhauskette Real beklagt und im Frühjahr Fakten geschaffen hatte. Das Unternehmen hat den Flächentarifvertrag verlassen und die Mitarbeiter in die neue Real GmbH überführt.
Dort gelten für neu einzustellende Mitarbeiter nun Konditionen eines Tarifvertrags der Gewerkschaft DHV – dieser bringt den Beschäftigten laut Verdi rund 23 Prozent weniger Geld und längere Arbeitszeiten. Eine Verkäuferin mit einer 60-Prozent-Teilzeitstelle komme im Monat nur noch auf 1260 Euro brutto statt wie bisher auf einen Verdienst von 1547 Euro. „Solche Löhne führen direkt in die Altersarmut der Beschäftigten“, sagte Stefanie Nutzenberger, Mitglied im Verdi-Bundesvorstand. Auch der Real-Betriebsratsvorsitzende Andreas Stegemann ist überzeugt: „Die Kolleginnen und Kollegen reißen sich den Hintern auf und können am Ende nicht von ihrer Rente leben.“
Bundesweit legten laut Verdi Mitarbeiter in rund 140 der 281 Warenhäuser die Arbeit nieder. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) stellte sich in Erfurt sogar an die Seite der Demonstranten.
In Düsseldorf blasen die Demonstranten unterdessen immer wieder in ihre Trillerpfeifen. Doch weder Metro-Chef Olaf Koch noch die Real-Geschäftsführung zeigen sich. Immerhin spendieren sie in der Mittagshitze palettenweise Mineralwasser. Verhandlungen mit Verdi über einen Tarifvertrag lehnt das Unternehmen aber weiter ab.