Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Denkmal-Stiftung: Land setzt Zeichen
Enteignungsklausel mit Schloss Reinhardsbrunn „kein Papiertiger mehr“
Thüringen hat nach Auffassung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz demonstriert, dass Enteignungsklauseln in den Denkmalschutzgesetzen der Bundesländer wirksam sind.
„Die Möglichkeit der Enteignung im Interesse des Denkmalschutzes ist nun erstmals praktiziert worden. Sie ist damit kein Papiertiger mehr“, sagte Stiftungssprecherin Ursula Schirmer. Thüringen hatte vor einer Woche den Besitzer von Schloss Reinhardsbrunn (Landkreis Gotha) enteignet, um das für die Landesgeschichte bedeutsame Schloss vor dem weiteren Verfall zu bewahren.
Damit wurde das schärfste Mittel im Denkmalschutz bundesweit erstmals eingesetzt.
Der frühere Eigentümer, eine Consultingfirma zuletzt mit Adresse in Hamburg, kann dagegen noch rechtlich vorgehen. Enteignungen gelten als Ultima Ratio, sollten Eigentümer ihrer Erhaltungspflicht partout nicht nachkommen. „Es geht dabei nur um die schwarzen Schafe, die aus Denkmälern Spekulationsobjekte machen“, sagte Schirmer.
Das könnte in Reinhardsbrunn der Fall gewesen sein. Der Besitzer hatte eine Grundschuld in Höhe von mehr als neun Millionen Euro auf das historische Gemäuer eintragen lassen. Wo das Geld geblieben ist, ist laut Kulturministerium unklar.
Schirmer bezeichnete Reinhardsbrunn als Extremfall, auch mit Blick auf die Höhe der eingetragenen Grundschuld. „Vielleicht spricht sich herum, dass solche Grundschuldeinträge sorgfältiger geprüft werden müssen“, so die Sprecherin der Stiftung Denkmalschutz. „Es wäre ein positiver Nebeneffekt, wenn Kreditgeber genauer hinschauen, für welche Projekte Geld gegeben wird.“
Mit der Übernahme des Schlosses in Landesbesitz sei die Rettung längst nicht abgeschlossen, sagte Schirmer. Sie hoffe darauf, dass das Land ein langfristig tragfähiges Finanzierungsund Nutzungskonzept entwickle. Für die dringendsten Sicherungsarbeiten will Thüringen 1,9 Millionen Euro ausgeben. Nach Schätzungen könnte die Komplettsanierung einen zweistelligen Millionenbetrag kosten. Thüringen sucht nach potenziellen Investoren. (dpa)