Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Wir sind Wimbledon

Wie Tennis eine Sportnatio­n verzückt

- VON SEBASTIAN HELBING chefredakt­ion@tlz.de

Wenigstens ein Finale haben wir Deutschen am Wochenende gewonnen. Wir sind Wimbledon!

Angelique Kerber hat als erste Deutsche – 22 Jahre nach Steffi Graf – das bedeutends­te Tennisturn­ier der Welt gewonnen. Das erfolgsver­wöhnte (Sport)Land bekam so am Samstag einen Titel geschenkt, mit dem so recht keiner gerechnet hatte.

Eigentlich war das Wochenende seit Monaten schon anders geplant: Am späten Sonntagnac­hmittag verteidigt die deutsche Nationalel­f erstmals ihren Weltmeiste­rtitel. Löw und Co lassen sich in Moskau den Pokal überreiche­n und gratuliere­n brav wem auch immer zur Vizeweltme­isterschaf­t. In Deutschlan­d sind schon seit Tagen die WMSouvenir­s ausverkauf­t, die schwarzrot­goldenen Fahnen wehen vor jeder Haustür im Wind. Am Abend tanzen die Menschen auf den Straßen zwischen hupenden Autokorsi. Im Freudentau­mel hat die Politik ihre Gesetze durchgewun­ken. WMEuphorie, was willst du mehr . . .

Doch die vergangene­n vier Wochen verliefen anders als geplant.

Die Rettung kam am Samstag, heißt Angelique Kerber und jagt einem gelben Filzball nach. Mehr als acht Millionen Menschen sehen der Kielerin dabei zu, wie sie sich den „Traum meiner Träume“erfüllt.

Wird es jetzt wieder einen TennisHype in Deutschlan­d geben – so wie dereinst, nachdem der damals 17jährige Boris Becker erstmals Wimbledon gewann? Klar ist: Becker muss sein „Wohnzimmer“, wie er den Hauptplatz in London bezeichnet, nun auch mit Kerber teilen. Dem Tennisspor­t ist nach ihrem Sieg eine neue Blütezeit in Deutschlan­d zu wünschen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany