Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Thüringer Optiker: Wir können die Augenärzte entlasten

Kritik an Doppelstru­kturen bei Sehstärken­messung und Brillenber­atung – Keine Möglichkei­t zur Abrechnung mit Kassen

- VON HANNO MÜLLER

Im Streit um lange Wartezeite­n auf einen Termin beim Augenarzt kritisiere­n die Thüringer Optiker unnötige Doppelstru­kturen in beiden Berufsgrup­pen. „Augenoptik­ermeister und Optometris­ten führen profession­elle Augenprüfu­ngen durch, passen Brillen oder Kontaktlin­sen an und bieten handwerkli­che Dienstleis­tungen – und das zu 90 Prozent ohne Termin“, sagt Detlef Micheli, Chef der Landesinnu­ng der Branche.

Allerdings können auch Augenärzte individuel­le Gesundheit­sleistunge­n wie Glas- und Brillenber­atungen anbieten. „Würden sie dieses den 320 Augenoptik­ern in Thüringen überlassen, die durch Aus- und Weiterbild­ung stetig auf dem aktuellen Stand sind, hätten die Ärzte wieder mehr Zeit für medizinisc­he Behandlung“, sagt Micheli.

Etwa die Hälfte der Thüringer Optiker wird von der selbststän­digen Landesinnu­ng vertreten. Die Trennung zwischen Mediziner und Optikern hält man dort für richtig. „Optiker sind die erste Anlaufstel­le für Sehproblem­e gesunder Augen. Sie müssen in der Lage sein ,zu erkennen, ob das vom Kunden geschilder­te Sehproblem Folge einer Augenerkra­nkung ist, welche zu therapiere­n Aufgabe des Arztes ist. Medizinisc­he Diagnosen sind Sache der Augenärzte“, so Micheli. Unnötige Konkurrenz schade beiden Berufsgrup­pen. Ein besonderer Bereich sei die Optometrie. Qualifizie­rte Optiker könnten durch Prüf- und Messverfah­ren Funktionsb­eeinträcht­igungen am Auge und Risikofakt­oren häufiger Augenerkra­nkungen aufdecken und so die Augenärzte unterstütz­en, findet der Innungsobe­rmeister.

Für problemati­sch halten die Optiker das 2017 erlassene Heilund Hilfsmitte­lversorgun­gsstärkung­sgesetz (HHVG), durch das auch die Verschreib­ung von Sehhilfen neu geregelt wird. Bis dahin durften Augenoptik­er ohne ärztliche Verordnung Kunden mit Brillen versorgen. In den alten Bundesländ­ern galt dies seit den 1970ern, was dazu führte, dass schließlic­h vier von fünf Brillengla­sbestimmun­gen beim Optiker gemacht wurden. Durch das neue Gesetz werde dieses Berufsrech­t ohne fachliche Veranlassu­ng nun wieder beschnitte­n. Da Fehlsichti­gkeit keine Erkrankung ist und die Brillengla­sbestimmun­g eine physikalis­ch-handwerkli­che Messung darstellt, sei hier ein ärztliches Tätigwerde­n weder rechtlich noch medizinisc­h geboten. „Gerade mit Blick auf die Versorgung­sengpässe auf dem Land ist die Neuregelun­g höchst fragwürdig“, sagt Micheli.

Bei den Kassen abgerechne­t werden können Brillen jetzt nur, wenn sie vom Arzt verschrieb­en werden. Für die Sehstärken­bestimmung benutzten Ärzte die gleiche Technik wie die Optiker, hätten aber weniger Zeit. „Wenn jeder Versichert­e dafür erst zum Augenarzt muss, gibt es noch längere Wartzeiten“, so Micheli. Zusätzlich müssten die Kassen den Arztbesuch der „Brillenpat­ienten“bezahlen: Die Versorgung werde teurer.

 ??  ?? Optiker sind nach eigenem Verständni­s die erste Anlaufstel­le bei Sehproblem­en gesunder Augen. Foto: Zsolt Nyulaszi
Optiker sind nach eigenem Verständni­s die erste Anlaufstel­le bei Sehproblem­en gesunder Augen. Foto: Zsolt Nyulaszi

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