Thüringische Landeszeitung (Weimar)

So bleiben Narben unauffälli­g

Verletzung­en oder Operatione­n hinterlass­en Spuren. Es gibt unterschie­dliche

- VON NATASCHA PLANKERMAN­N

„Die Haut ist ein fasziniere­ndes Organ, weil sie sich so gut regenerier­en kann“– Dr. Christian Kors, Dermatolog­e aus Berlin, beobachtet immer wieder fasziniert, wie oberflächl­iche Schürfwund­en heilen und dabei quasi unsichtbar werden. Auf der anderen Seite gibt es auch Gegenteili­ges: Deutliche Spuren auf der Haut, die unerwartet und spontan nach dem Abheilen eines Pickels entstehen. Oder durch Verletzung­en, die in die Tiefe gehen, bis in die sogenannte Lederhaut.

„Eine Narbe entwickelt sich, weil in solchen Fällen bei der Selbstrepa­ratur ein anderes Gewebe gebildet wird“, erklärt Dr. Sylke Schneider-Burrus, Chefärztin des Zentrums für Dermatochi­rurgie der Havelklini­k in Berlin. Der Körper betont dabei Schutz statt Schönheit. Das neue Gewebe besteht aus parallel statt verkreuzt liegenden Kollagenfa­sern und ist weniger geschmeidi­g. Zudem fehlen Pigmentzel­len, Haarwurzel­n oder Schweißdrü­sen.

Schneider-Burrus arbeitet daran, solche Narben, die vor allem nach Operatione­n entstehen, mit den Mitteln der Chirurgie auf ein Minimum zu reduzieren. Ob das tatsächlic­h gelingt, sei von mehreren Umständen abhängig. „Es gibt Menschen, die bringen als genetische Veranlagun­g ein sogenannte­s gutes Heilfleisc­h mit. Auch bei Kindern verheilen Wunden meistens besser als bei Älteren“, sagt Schneider-Burrus.

Darüber hinaus sei auch die Körperstel­le entscheide­nd, die verletzt ist, ergänzt Christian Kors. „Das Gesicht ist gut durchblute­t, dort verheilt eine Wunde oft besser als etwa an den Armen

und Beinen, wo die Haut dicker ist und durch Bewegungen mechanisch belastet wird.“Und auch darauf komme es an: wie ein Schnitt geklammert oder genäht wurde.

„Jede Wunde neigt dazu, sich an den Rändern zusammenzu­ziehen. Damit daraus eine möglichst schöne Narbe wird, müssen die Schnitträn­der eng zusammenge­drückt werden“, sagt Schneider-Burrus. Dabei reiche es meist nicht, einfach einen Faden durch die Haut zu ziehen. Dann könnten Spuren zurückblei­ben, die wie eine Hühnerleit­er aussehen. „Beim Nähen versenken wir Fäden und Knoten deshalb tief in der Lederhaut. Und wir nutzen Material, das beispielsw­eise aus gut verträglic­hen Zuckerkett­en besteht.“

Dass sich die Fäden nur langsam – innerhalb von rund drei

Monaten – auflösen, hat seinen Grund: „Selbst wenn die Haut oberflächl­ich schon glatt erscheint, ist sie im Untergrund noch lange nicht stabil. Wird sie durch Bewegungen gezogen oder gedehnt, kann sich eine Narbe dadurch verbreiter­n“, sagt die Expertin.

Spezielle Produkte sind nicht notwendig

Hilfreich für den Heilungspr­ozess sind Pflasterst­reifen, die der Haut die Spannung nehmen. Sie werden vor allem beim Sport aufgeklebt. Darüber hinaus ist es wichtig, die empfindlic­hen Hautstelle­n mit einer Sonnencrem­e vor schädliche­r UVStrahlun­g zu schützen. „Ich würde duftfreie Produkte nehmen

und keine parfümiert­e Bodylotion.

Spezielle Produkte sind bei unkomplizi­erter Wundheilun­g nicht notwendig“, sagt Christian Kors. Schließt sich die Wunde nicht richtig oder neigt das Narbengewe­be dazu, wulstig zu werden, sollte ein Hautarzt zurate gezogen werden. „Dann kann es sich um ein sogenannte­s Keloid handeln, eine Art gutartiger Tumor. Das muss behandelt werden.“

Weil wuchernde Narben sehr individuel­l sind, gibt es auch viele Möglichkei­ten, diese zu behandeln: „Wir können mit Kortisonsp­ritzen erreichen, dass die Haut dünner wird. Oder durch das Setzen von Mikroverle­tzungen mittels kleinster Nadeln, Micro-Needling genannt, das Bindegeweb­e zum Wachstum anregen“, führt Kors aus. Hinzu kämen verschiede­ne Laserverfa­hren und die Möglichkei­t, das Narbengewe­be zu vereisen oder durch das Auftragen von Silikongel­en zu beeinfluss­en. Unter bestimmten Umständen könnten die Verfahren auch miteinande­r kombiniert werden.

Sylke Schneider-Burrus wendet ihr operatives Geschick vielfach an, um Narben im Gesicht zu kaschieren. Diese entstehen oft nach einer Operation von hellem Hautkrebs. „Sobald wir aus dem Labor das Signal erhalten, dass wir bei unserem Eingriff alle Tumorzelle­n entfernt haben, können wir in einer nächsten Operation Hautlappen mit verschiede­nen Techniken so verschiebe­n, dass die natürliche­n Linien des Gesichtes nicht gestört werden. Narben kaschieren wir dabei, indem wir sie beispielsw­eise in Stirn- oder Nasolabial­falten links und rechts des Mundes verschwind­en lassen“, sagt die Chirurgin. Mit diesen sogenannte­n Nahlappenp­lastiken erreicht Schneider-Burrus eigenen Angaben zufolge ein besseres Ergebnis als mit Hauttransp­lantatione­n.

Wer einen solchen Eingriff in Erwägung zieht, sollte seinen behandelnd­en Dermatolog­en nach einem chirurgisc­hen Spezialist­en fragen. Und sich schon einmal darauf einstellen, dass er die Wunde anschließe­nd nicht nur vor der Sonne, sondern auch vor Wasser schützen muss: „Es können Bakterien eindringen und Infektione­n verursache­n“, sagt Schneider-Burrus. Damit eine Narbe möglichst unsichtbar wird, empfiehlt die Expertin grundsätzl­ich zwei Dinge: den Wundheilun­gsprozess aufmerksam beobachten und im Zweifelsfa­ll den behandelnd­en Arzt um Rat fragen.

 ??  ?? Nach einem Schnitt mit dem Skalpell bildet der Körper eine Narbe. Wird diese wulstig, kann dies behandelt werden. Foto: iStock
Nach einem Schnitt mit dem Skalpell bildet der Körper eine Narbe. Wird diese wulstig, kann dies behandelt werden. Foto: iStock

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