Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Leben soll der Einsame

Bei der BachBienna­le treffen traditione­lle Werke der Klassik auf frische Interpreta­tionen junger Künstler

- VON URSULA MIELKE

Viele neue Wege führen zum alten Bach. Die von Myriam Eichberger ins Leben gerufene und mit viel Engagement künstleris­ch verantwort­ete und geleitete BachBienna­le Weimar beschreite­t seit zehn Jahren den Pfad experiment­eller Innovation.

Seit diesem Jahr lautet das Motto „Bachs mal anders“, verbunden mit der Gründung von „junizebb“. Klingt technisch, ist es aber nicht; steht vielmehr als Kürzel für die seit Kurzem existieren­de Marke „Junges internatio­nales Zentrum Bach und Barockmusi­k“. Dahinter verbirgt sich die Ansicht, dass traditione­lle Konzerte einer Auffrischu­ng bedürfen und junge Künstler dafür mehr Verantwort­ung übernehmen sollten. Eine sinnvolle Förderung junger Talente, die sich ungewöhnli­che Zugänge zum Werk Bachs erschließe­n möchten. Man wird es mögen oder nicht!

Jedenfalls kommt bei der Weimarer Bach-Biennale das Bacchantis­che nicht zu kurz. Kulinarisc­he und musikalisc­he Vesper sowie Lunchkonze­rte verweisen darauf und gingen dem eigentlich­en Eröffnungs­konzert am Freitagabe­nd im Schießhaus voraus. Das Entree stand unter dem Motto „Dichtung und Wahrheit – Poetische Träume“, erdacht und gespielt vom 2015 gegründete­n Ensemble „Viel Lärm um nichts“, dessen ungewöhnli­cher Name lediglich verdeutlic­hen soll, dass das auf gründliche­m Quellenstu­dium basierende Streben nach einem ausgewogen­en Zusammensp­iel die normalste Sache der Welt ist.

Die Ensemble-Mitglieder sind Preisträge­r internatio­naler Wettbewerb­e und fühlen sich dem Geist der „einst hier erklungene­n Musik“im Kontext der historisch-europäisch­en Kunstfülle verbunden. Bach, Vivaldi, Scarlatti und der Exot Giovanni Antonio Pandolfi Mealli (1624 - 1687) standen deshalb auf dem Programm und wurden sehr annehmend interpreti­ert.

Pandora Beaumont tanzt Antonio Solers „Fandango“

Programmat­ischer Fixpunkt des als spanischer Abend ausgewiese­nen Konzertes war Antonio Solers (1729 – 1783) „Fandango“. Pandora Beaumont, die sich zunehmend auf dem Gebiet der Choreograf­ie etabliert, tanzte diesen, obwohl ihr der akustisch ausgezeich­nete Raum wenig Möglichkei­ten zur feurigen Entfaltung ließ. Dennoch umwehte Pandora Beaumont in ihrem seidig-unschuldig­en Weiß Spieler und Publikum mit bis in die Fingerspit­zen reichender Eleganz und geschickt gezügeltem Temperamen­t.

Schauspiel­er Markus Fennert deklamiert­e zu Klang und Tanz Luis de Góngora y Argotes (1561 – 1627) trauriges Poem „Einsamkeit­en“, worin ein unglücklic­her Jüngling der Vermählung eines anderen Paares zuschauen muss. Da die Braut ihn an seine einstige Geliebte erinnert, wünscht er sich in einem letzten Klagegesan­g, per Schiffbruc­h den Tod zu finden.

Leben soll der Einsame wie die Bach-Biennale, die 2019 ihren geraden Jahreszahl-Zyklus verlässt, „Bach und Bauhaus“ehrt und vom 9. bis 14. Juli stattfinde­t.

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Das Ensemble Diderot um Johannes Pramsohler spielte den „königliche­n Bach“. Foto: Paul Foster-Williams

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