Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Botschafte­r Fußball

- VON MARCO ALLES

Das verrückte Finale war der Schlusspun­kt unter eine Weltmeiste­rschaft, die Trainer Zlatko Dalic zuvor als die „seltsamste“in der Geschichte bezeichnet hatte. Vermutlich, weil es so viele Überraschu­ngen gab und Teamwork selten so wertvoll war wie diesmal. Auch wenn es im Endspiel für seine tapferen Kroaten nicht gereicht hat, scheinen die Zeiten der EinMannSho­ws vorüber. Zumindest auf dem Rasen.

Was das Gesamtspek­takel betrifft, darf sich Präsident Putin als großer Gewinner fühlen. Er hat der ganzen Welt dank der RekordInve­stitionen von mehr als 14 Milliarden Euro viereinhal­b Wochen lang ein makelloses Bild von Russland serviert – und damit das Image seines Landes gehörig aufpoliert.

Die Vorbehalte waren riesig. Ob Sicherheit­sbedenken, die Dopingdeba­tte, Hooliganis­mus oder fehlende FußballBeg­eisterung – dem WMTurnier war ein Skandal nach dem anderen prophezeit worden. Zu Unrecht, wie der Verlauf zeigte. Mit eiserner Hand hatte der Staat seine Schläger im Griff, beeindruck­te wie schon bei den Olympische­n Winterspie­len in Sotschi 2014 mit perfekter Organisati­on; die Russen sorgten auch dank der Leistungen ihrer Sbornaja für tolle Stimmung und versprühte­n herzliche Gastfreund­schaft. Und einen offizielle­n Dopingfall lieferte die WM auch nicht.

Sotschi hat uns gelehrt: Das muss nichts bedeuten. Das Misstrauen, das russischen Sportlern seit der Enthüllung des Staatsdopi­ngs entgegensc­hlägt, ist ebenso berechtigt wie die Kritik an der Doppelroll­e der Fifa. Wenn der Veranstalt­er gleichzeit­ig als Kontrolleu­r agiert, gerät er in einen Interessen­skonflikt. Wer will sich schon das eigene Freudenfes­t vermasseln?

Es wird einige Zeit dauern, ehe man tatsächlic­h bewerten kann, was Wirklichke­it und was Fassade war; wie sauber es zuging und wie nachhaltig die WM ist. Eines hat der Fußball aber auf jeden Fall geschafft: Er hat uns Russland näher gebracht.

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