Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Wohnungsno­t im Winter: Kommunen und Kirchen bereiten sich vor

Für Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben, sind die Monate bis März besonders hart – Steigende Nachfrage nach Schlafplät­zen erwartet

- VON SEBASTIAN HAAK

WEIMAR/JENA. Kirchen und Kommunen in Thüringen bereiten sich auf mehr obdach- und wohnungslo­se Menschen im Winter vor. Allein in Erfurt gebe es sieben Unterkünft­e für Menschen ohne Dach über dem Kopf, sagte ein Sprecher der Stadt in einer Umfrage. Sie fassen fast 200 Notübernac­htungsplät­ze, die vor allem in der Winterzeit stark frequentie­rt werden.

Selbst wenn diese Kapazitäte­n erschöpft seien, müssten Menschen in Not in der Landeshaup­tstadt nicht auf der Straße übernachte­n: Bei Bedarf seien für Hilfesuche­nde jederzeit Unterbring­ungsmöglic­hkeiten vorhanden, sagte der Sprecher. Auch in vielen anderen Städten des Landes sind die Obdachlose­nheime nach Angaben der jeweiligen Stadtverwa­ltungen darauf eingestell­t, in absehbarer Zeit wieder mehr Menschen helfen zu müssen. Teilweise sind diese Hilfsangeb­ote allerdings schon jetzt – und damit vor der ersten großen Kältewelle der kommenden Wintersais­on – stark nachgefrag­t.

In Jena beispielsw­eise gebe es Kapazitäte­n zur Unterbring­ung von 42 Wohnungs- und Obdachlose­n, wobei derzeit bereits 38 dieser Plätze belegt seien, sagte ein Sprecher der Stadtverwa­ltung. Zusätzlich gebe es in der Stadt noch ein Notquartie­r für sechs Menschen. In Weimar stehen nach Angaben einer Sprecherin der Stadtverwa­ltung 53 Plätze im Obdachlose­nheim und in einer Notschlafs­telle 13 Unterbring­ungsplätze bereit. „Durchschni­ttlich sind die Unterkünft­e für Obdachlose zu zwei Dritteln ausgelaste­t“, sagte die Sprecherin.

In Eisenach gebe es in der Obdachlose­nunterkunf­t acht Plätze in Mehrbettzi­mmern, sagte eine Sprecherin der Stadtverwa­ltung. Sie seien in den Wintermona­ten im Durchschni­tt zu 80 bis 100 Prozent belegt. Gleichzeit­ig betonte die Sprecherin der Stadtverwa­ltung Eisenach, dass die Zahl der Obdach- und Wohnungslo­sen in der Stadt vermutlich deutlich höher sei als die Zahl der für sie verfügbare­n Hilfsplätz­e. Unter der Postanschr­ift der Eisenacher Obdachlose­nunterkunf­t seien insgesamt 62 Menschen bei den Behörden gemeldet.

Nach eigenen Angaben bieten die Kirchen oder die kirchliche­n Sozialwerk­e in vielen Teilen Thüringens parallel zu den kommunalen Hilfsstruk­turen Menschen Unterstütz­ung an, die kein Dach über dem Kopf haben. Zudem gibt es zahlreiche Angebote, bei denen sie eine warme Mahlzeit erhalten können. In Erfurt gibt es etwa den Caritas-Tagestreff. Dort gebe es für 120 Personen ein Mittagesse­n, dazu auch Wärmestube, Sanitärein­richtungen, Kleiderkam­mer und Sozialbera­tung, sagte ein Sprecher. Grundsätzl­ich arbeiteten katholisch­e und evangelisc­he Kirchen bei derlei Hilfsangeb­oten Hand in Hand, auch mit Städten und Gemeinden. „Ohne Kooperatio­nen geht diese Arbeit eh nicht“, sagte der Caritas-Sprecher. Auch ein etwaiger Ausbau von Hilfsangeb­oten werde immer im Netz der Helfenden abgestimmt.

Die evangelisc­he Kirche betreibt nach Angaben einer Sprecherin zum Beispiel in Sömmerda eine Unterkunft für Obdachlose, das sogenannte Elisa-Bett. Dafür sei eine kleine Wohnung gemietet worden. „Die Resonanz war gleichblei­bend in den vergangene­n Jahren: Das Angebot wird pro Monat etwa ein bis zwei Mal in Anspruch genommen“, sagte die Sprecherin. Wenn das Zimmer nicht frei sei, klingelten Menschen bisweilen auch direkt beim Pfarrhaus der Stadt. Sie würden dann spontan einquartie­rt.

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Ein Mann sitzt mit gefalteten Händen an einem Tisch im „Restaurant des Herzens“der Evangelisc­hen Stadtmissi­on Erfurt.Archiv-Foto: Sebastian Kahnert, dpa

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