Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Wohnungsnot im Winter: Kommunen und Kirchen bereiten sich vor
Für Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben, sind die Monate bis März besonders hart – Steigende Nachfrage nach Schlafplätzen erwartet
WEIMAR/JENA. Kirchen und Kommunen in Thüringen bereiten sich auf mehr obdach- und wohnungslose Menschen im Winter vor. Allein in Erfurt gebe es sieben Unterkünfte für Menschen ohne Dach über dem Kopf, sagte ein Sprecher der Stadt in einer Umfrage. Sie fassen fast 200 Notübernachtungsplätze, die vor allem in der Winterzeit stark frequentiert werden.
Selbst wenn diese Kapazitäten erschöpft seien, müssten Menschen in Not in der Landeshauptstadt nicht auf der Straße übernachten: Bei Bedarf seien für Hilfesuchende jederzeit Unterbringungsmöglichkeiten vorhanden, sagte der Sprecher. Auch in vielen anderen Städten des Landes sind die Obdachlosenheime nach Angaben der jeweiligen Stadtverwaltungen darauf eingestellt, in absehbarer Zeit wieder mehr Menschen helfen zu müssen. Teilweise sind diese Hilfsangebote allerdings schon jetzt – und damit vor der ersten großen Kältewelle der kommenden Wintersaison – stark nachgefragt.
In Jena beispielsweise gebe es Kapazitäten zur Unterbringung von 42 Wohnungs- und Obdachlosen, wobei derzeit bereits 38 dieser Plätze belegt seien, sagte ein Sprecher der Stadtverwaltung. Zusätzlich gebe es in der Stadt noch ein Notquartier für sechs Menschen. In Weimar stehen nach Angaben einer Sprecherin der Stadtverwaltung 53 Plätze im Obdachlosenheim und in einer Notschlafstelle 13 Unterbringungsplätze bereit. „Durchschnittlich sind die Unterkünfte für Obdachlose zu zwei Dritteln ausgelastet“, sagte die Sprecherin.
In Eisenach gebe es in der Obdachlosenunterkunft acht Plätze in Mehrbettzimmern, sagte eine Sprecherin der Stadtverwaltung. Sie seien in den Wintermonaten im Durchschnitt zu 80 bis 100 Prozent belegt. Gleichzeitig betonte die Sprecherin der Stadtverwaltung Eisenach, dass die Zahl der Obdach- und Wohnungslosen in der Stadt vermutlich deutlich höher sei als die Zahl der für sie verfügbaren Hilfsplätze. Unter der Postanschrift der Eisenacher Obdachlosenunterkunft seien insgesamt 62 Menschen bei den Behörden gemeldet.
Nach eigenen Angaben bieten die Kirchen oder die kirchlichen Sozialwerke in vielen Teilen Thüringens parallel zu den kommunalen Hilfsstrukturen Menschen Unterstützung an, die kein Dach über dem Kopf haben. Zudem gibt es zahlreiche Angebote, bei denen sie eine warme Mahlzeit erhalten können. In Erfurt gibt es etwa den Caritas-Tagestreff. Dort gebe es für 120 Personen ein Mittagessen, dazu auch Wärmestube, Sanitäreinrichtungen, Kleiderkammer und Sozialberatung, sagte ein Sprecher. Grundsätzlich arbeiteten katholische und evangelische Kirchen bei derlei Hilfsangeboten Hand in Hand, auch mit Städten und Gemeinden. „Ohne Kooperationen geht diese Arbeit eh nicht“, sagte der Caritas-Sprecher. Auch ein etwaiger Ausbau von Hilfsangeboten werde immer im Netz der Helfenden abgestimmt.
Die evangelische Kirche betreibt nach Angaben einer Sprecherin zum Beispiel in Sömmerda eine Unterkunft für Obdachlose, das sogenannte Elisa-Bett. Dafür sei eine kleine Wohnung gemietet worden. „Die Resonanz war gleichbleibend in den vergangenen Jahren: Das Angebot wird pro Monat etwa ein bis zwei Mal in Anspruch genommen“, sagte die Sprecherin. Wenn das Zimmer nicht frei sei, klingelten Menschen bisweilen auch direkt beim Pfarrhaus der Stadt. Sie würden dann spontan einquartiert.