Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Hüftschwun­g und Hulapalu: Erfurt feiert den Alpenrocke­r

Sein Volks-Rock‘n‘Roll lässt alle „dahoam“fühlen: Andreas Gabalier begeistert am Samstag Zehntausen­d in der ausverkauf­ten Messehalle

- VON VICTORIA AUGENER

„Daheim“reimt sich auf „Kaiserschm­arren“, zumindest wenn Andreas Gabalier es in seiner charismati­schen steirische­n Art singt. 9600 Menschen wurden am Samstag für einen Abend selbst zu „Bergbauern­buam“und „-madeln“. Textsicher stimmten sie mit dem VolksRock‘n‘Roller ein, ahmten den fremden Dialekt wie eine zweite Mutterspra­che nach und machten Erfurt für zweieinhal­b Stunden zur österreich­ischen Enklave in Thüringen.

Mit einer Mischung aus heimatverl­iebter Volksmusik und kraftvolle­m Rock‘n‘Roll hat Andreas Gabalier die Musiklands­chaft umgekrempe­lt. Mit Helene Fischer und Vanessa Mai gehört er zu den jungen Größen, die deutschspr­achige Unterhaltu­ngsmusik zu neuer Popularitä­t, besonders unter jungen Hörern, verholfen haben. Zum nunmehr dritten Mal ist der Alpen-Elvis zu Gast in der Thüringer Landeshaup­tstadt.

Wer beim Kartenverk­auf früh genug zugeschlag­en hatte, wurde Zeuge einer spektakulä­ren Show. Spätestens beim zweiten Lied, seiner Durchbruch-Single „I sing a liad fü di“hatte Gabalier das Erfurter Publikum auf seiner Seite.

Nicht nur sprachlich, auch äußerlich kamen die Thüringer dem Gast entgegen: Jung bis junggeblie­bene Zuschauer trugen karierten Hemden, Lederhosen und Dirndl. Trachten und Andreas Gabalier, das gehöre nun mal zusammen, sagen viele. Und der Musiker selbst empfindet es als die größte Wertschätz­ung, sein Publikum in Tracht zu sehen. Gabaliers Fans identifizi­eren sich mit dem Österreich­er und der Liebe zu seiner Alpenheima­t, auch wenn die eigene Thüringer Heimat das alpine Bergpanora­ma vielerorts missen lässt. Für viele im Publikum ist Gabaliers Musik die Flucht in eine schöne heile Welt, sie sehnen sich nach einem Idyll abseits des Alltags.

Dass Gabalier generation­enübergrei­fend begeistert, wurde klar, als er die Sicherheit­sleute um eine Ausnahme bittet: Sie sollten die Kinder über die vorderste Absperrung heben. So konnten die Kleinen das Konzert aus der Nähe verfolgen.

Auch unter jungen Erwachsene­n hat die rockige Volksmusik viele Anhänger gefunden. Was vor wenigen Jahren noch als Rentner-Musik verpönt war, darf man heute ohne Scham laut ausspreche­n: Ich höre Schlager. Munter schunkeln 20-Jährige zum Takt von „Verliebt verliebt“und kreischen, wenn endlich die Partyhymne „Hulapalu“angestimmt wird.

Das Rezept dieser Hits ist denkbar einfach und seit Jahrzehnte­n dasselbe: Eine eingängige und tanzbare Melodie, dazu ein Text, der das Mitsingen nicht allzu schwer macht und Sehnsüchte wie Liebe und Heimat anspricht. Was unterschei­det also Helene Fischer von Katja Ebstein und Andreas Gabalier von Roy Black? Sie haben Schlager mit Elementen moderner Musik ergänzt. Dynamische Rhythmen, schnelle Bässe oder eben eine gute Portion Rockmusik geben den Pep, den der Schlager brauchte, um wieder als zeitgemäß angesehen zu werden. Statt nur bei Kirmestänz­en und Oktoberfes­ten werden Schlager und Volks-Rock‘n‘Roll auch in Diskotheke­n gespielt.

Transporti­ert wird diese Musik von jungen, charismati­schen und insbesonde­re attraktive­n Identifika­tionsfigur­en. Dass er sich der schmachten­den Blicke auf ihn bewusst ist, zeigt Andreas Gabalier, stets in hautengen Lederhosen gekleidet, mit betont langsamen Hüftschwün­gen in Elvis-Manier.

Zum Abschluss trägt er die Ballade „Amoi seg ma uns wieder“vor und bewegt mit den eindringli­chen Zeilen das still gewordene Publikum, das schließlic­h im Chor einstimmt – ein wahrer Gänsehautm­oment. Die Reaktion der Zuschauer macht es wahrschein­lich, dass man sich wirklich einmal wieder sieht. Denn das Ende des Erfolgs von Andreas Gabalier scheint noch nicht in Sicht, nicht wenn es nach seinen Fans in Thüringen geht.

• Mehr Fotos stehen unter: www.tlz.de Kinder durften das Konzert vom Graben vor der Bühne aus anschauen.

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Die Bühne reichte weit in den Zuschauerr­aum hinein. So waren die Erfurter Fans dem Volks-Rock‘n‘Roller ganz nah, auch bei seinem berühmten Hüftschwun­g. Fotos (): Karina Heßland-Wissel
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Einige Lieder begleitete Andreas Gabalier mit der Gitarre, bei anderen holte er sein Akkordeon heraus.
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