Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Über Roboter
Bleich, zitternd und sichtlich im Zustand totaler Verwirrung kommt Dickie durch die Schwingtür gestolpert. „Nanu? Was ist mit dir los?“fragt Bill besorgt und schiebt ihm, sobald er sich auf seinen Stuhl fallen lässt, einen heißen Pfefferminztee hin. „Ohhh, diese Scheichs!“stammelt Dick. „Unglaublich! Mit Robotern?!“Er macht eine Handbewegung, als wolle er böse Geister verscheuchen. Wir werden daraus einfach nicht schlau.
Um Dicks offensichtliches Trauma ein bisschen zu lösen, greift Jack freundlich das Stichwort auf. „Robots sind doch was Gutes“, tröstet er. „Sie nehmen uns immer mehr Drecksarbeit ab.“Sofort beginnt er zu referieren, wie fast alle schweren und eintönigen Verrichtungen in der Industrie heutzutage von stählernen Gehilfen ausgeführt würden und wie selbst die typischen Spießer drunten im Tale ihre Vorgärten von so einem „batteriegetriebenen Kunstwiesel“mähen ließen.
„Aber... aber!“stammelt Dick. „Nicht nur...!“– „Ich weiß“, entgegnet Jack milde und fasst freundlich Dicks Unterarm. „Es wird sogar schon der Robot-Einsatz in der Pflege diskutiert.“– „Ha!“kreischt Bill. „Alter, würdest du dir von so einer Silikonfresse den Hintern abwischen lassen?“– „Noch nie probiert“, lacht Jack. „Vielleicht hat genau das einen Reiz.“
„Haben bestimmt“, frohlockt da ShenTe, die mit zackigen Bewegungen unser Essen serviert und uns in ihrem knallroten Latexkleid auf vitale Gedanken bringt. „Alle Mechanik Robot machen gut!“– „Oder auch nicht“, wende ich ein. „Das kennen wir ja aus Hoffmanns Erzählungen: wie einer Sex-Automatin der Schaltkreis durchschmort.“Shen-Te wird rot und erklärt, dieser Hoffmann hege auch völlig abseitige Vorlieben. Sie greift mit der rechten Hand nach hinten und vollzieht eine kurbelnde Bewegung an ihrem Rücken. Dann stakst sie davon.
„Chinesische Technik immer verlässlich“, flötet sie noch. „Wie eure TV-Nachrichtensprecher“, ruft Bill. – „Auch sehr sexy“, schallt‘s aus der Küche. „In der Ars amandi hat so ein Robot gar nichts zu suchen“, pflichtet Jack mir bei. „Überhaupt in der Kunst!“– „Dabei hat schon vor 40 Jahren eine Blechbüchse namens R2D2 das London Symphony Orchestra dirigiert“, widerspreche ich. „Hat die Leute aus dem Konzert und ins Kino getrieben.“
Dick, inzwischen wieder zu Kräften gekommen, schüttelt sein Haupt wie ein Wackeldackel. „Oh diese Scheichs!“jammert er abermals. Nun mag er alles erklären, und er berichtet, im Fernsehen habe er einen Bericht über Katar angesehen. Ein stinkreiches Emirat, das auf den weltgrößten Gasvorkommen sitzt. Völlig dekadent. Nur von dem alten Brauch der Kamelrennen könnten die Kataris bis heute nicht lassen. Weil es zuweilen schwere Unfälle gegeben habe, hätten sie ihren Viechern heutzutage Roboter aufgepflanzt, die sie ferngesteuert über die Bahn ritten. – Da werden auch wir schlagartig aschfahl und lethargisch. Wer braucht da noch Cowboys?