Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Vom Glücksspiel zum Mannschaftssport
Kegeln blickt auf eine lange Tradition und eine bewegte Geschichte zurück. Was es mit dem Sport auf sich hat – und weshalb man mal wieder auf alle Neune zielen sollte
Alle Neune abräumen? Gar nicht so leicht! Beim Kegeln kommt es nämlich nicht nur auf die richtige Schiebetechnik an, sondern auch auf jede Menge Fingerspitzengefühl – und gerade bei Anfängern vielleicht auch ein klein wenig auf Glück.
Kegeln verlangt den Spielern also einiges ab – und für viele, die regelmäßig kegeln gehen, ist auch die soziale Komponente des Sports nicht zu unterschätzen: Mehr oder minder ambitionierte Hobbykegler treffen sich häufig regelmäßig, spielen einzeln oder in Mannschaften gegeneinander und werden dabei oft zu eingeschworenen Gemeinschaften, die sich auch abseits der Kegelbahn treffen. „Kegeln im Sport, aber auch im Freizeitbereich erlebt derzeit eine Renaissance“, sagt Harald Seitz, Sportdirektor des Deutschen Keglerbundes Classic e.V. Schätzungsweise gebe es in Deutschland 5 bis 6 Millionen Hobbykegler, so Seitz. Wichtig sei, dass Freizeitkegeln Spaß mache. So gibt es immer mehr moderne Anlagen, die etwa mit Discobeleuchtung aufwarten und sich besonders an eine junge Zielgruppe richten.
Vom Laster zum Mannschaftssport
Und Kegeln ist ein Sport für (fast) jede Altersgruppe, stärkt Konzentration, Koordination und Kraft. Nicht zuletzt handelt es sich beim Kegeln aber auch um einen Traditionssport, der Menschen schon seit langer Zeit begeistert. Das beweisen die erhaltenen Überreste eines über 5000 Jahre alten Kegelspiels, die bei einer archäologischen Ausgrabung gefunden wurden.
Jahrhunderte später, im Mittelalter, galt Kegeln dann als Zeitvertreib der einfachen Bevölkerung, man spielte, schloss Wetten ab, trank zu viel. Erst mit der Zeit setzte sich das Spiel in allen Gesellschaftsformen durch, ehe es im späten 19. Jahrhundert zum Vereinssport mit eigenen Meisterschaften aufstieg. Man baute genormte Bahnen, die sich je nach Region hinsichtlich ihrer Beschaffenheit unterschieden.
Apropos Unterschiede: Was unterscheidet das Kegeln vom Bowling? Zum einen ist die Kegelkugel kleiner und leichter als das Pendant beim Bowling. Zum anderen gibt es lediglich neun in Rautenform aufgestellte Kegel, während man beim Bowlen versucht, zehn sogenannte Pins (im Dreieck arrangiert) abzuräumen. Wie es kam? Indem sie die Kegelregeln etwas abänderten, umgingen Kegler mit europäischen Wurzeln in den USA des 19. Jahrhunderts Kegelverbote, die aufgrund der erwähnten Sittenwidrigkeit ausgesprochen worden waren.