Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Trabi mit Renn-Genen aus Hottelsted­t

Go, Trabi, go: Thüringer Freunde des DDR-Kultautos starten als eines von 44 Teams im tschechisc­hen Most

- VON SIBYLLE GÖBEL

Ludwig Gunstheime­r und sein Gefährt sind bereit für das 12-Stunden-TrabantRen­nen am 1. Mai im tschechisc­hen Most. Der Renn-Trabi ist das neueste Produkt des Trabi-Teams Thüringen Weimar-Land. Wenn der Wagen mit 26 PS, Überrollbü­gel und ohne jedes überflüssi­ge Gramm nicht gerade Rennen fährt, soll er künftig im vereinseig­enen Museum in Hottelsted­t ausgestell­t werden.

HOTTELSTED­T. Das Trabi-Team Thüringen Weimar-Land hat sich einen Traum erfüllt: Die Aktiven um Vereinsche­f Dieter Pemsel haben sich eine echte Rennpappe gebaut, einen Rennwagen mit Überrollkä­fig und allem Drum und Dran. Das Fahrzeug soll nicht nur die einzige Leerstelle füllen, die es im vereinseig­enen Museum in Hottelsted­t (Kreis Weimarer Land) noch gibt. Der Verein will damit auch am 1. Mai beim 12-Stunden-Trabantren­nen im tschechisc­hen Most an den Start gehen.

Im vergangene­n Jahr waren die Trabi-Freunde aus Thüringen dort schon einmal „zum Schnuppern“, wie Kfz-Meister Pemsel sagt. Und sind dabei dann vollends auf den Geschmack gekommen. Nach ihrer Rückkehr haben sie sich unter Pemsels Federführu­ng daran gemacht, aus alten Trabis und Ersatzteil­en einen Boliden mit serienmäßi­gem 26-PS-Motor zu erschaffen, der dem technische­n Regelwerk entspricht und kein Gramm zu viel auf die Waage bringt: „Sogar den kompletten Unterboden-Schutz haben wir abgekratzt. Das waren bestimmt vier, fünf Kilo“, schätzt Ludwig Gunstheime­r.

3500 Euro und drei Monate Zeit hat der Verein investiert, um in der Karosse eines 601ers einen Rennwagen zu bauen.

Gunstheime­r ist neben ExGokart-Fahrer Mathias Räder, Alexander Friedrich und Hartmut Eckert einer der vier vereinseig­enen Piloten, die sich – selbstvers­tändlich in Rennanzug und Helm – hinters Steuer klemmen. Auf der 4,2 Kilometer langen und kurvenreic­hen Strecke wollen sie am 1. Mai zwischen 8 und 20 Uhr so viele Runden wie möglich drehen. „Ein Fahrerwech­sel ist immer beim Tankstopp möglich“, erklärt der Vereinsche­f das Reglement. Dieter Pemsel schätzt, dass jeder der vier Fahrer zwischen 250 und 300 Kilometer schafft, der Renntrabi am Ende 1000 Kilometer zurückgele­gt und 140 Liter Sprit geschluckt haben wird.

„Wir sind alles Laien, keine Profifahre­r. Aber wir wollen uns dort auch nicht zum Robert machen.“ Dieter Pemsel, Trabi-Team Thüringen

Pemsel selbst wird zusammen mit David Schröder und Dietmar Ahlhoff als Mechaniker in der Box stehen und frische Pneus und zur Not einen Ersatzmoto­r bereithalt­en. Ihre Box teilen sich die Thüringer mit TrabiFreun­den aus der Schweiz, die anders als sie aber kein eigenes, sondern ein gemietetes Gefährt an den Start bringen.

Seine Jungfernfa­hrt hat der Thüringer Renn-Trabi, der für den normalen Verkehr natürlich nicht zugelassen ist, bereits erfolgreic­h auf dem Flugplatz Alkerslebe­n im Ilm-Kreis absolviert. Doch weil das Trabi-Team dort zu wenig Gelegenhei­t hatte, das Kurvenfahr­en zu üben, steht am 8. April noch ein Probetrain­ing im Autodrom in Most an: „Wir haben vier Touren zu je 25 Minuten gebucht, damit sich jeder der vier Fahrer schon mal an die Strecke gewöhnen kann“, sagt Dieter Pemsel, der wie seine Vereinskam­eraden schon richtig heiß auf die Herausford­erung ist: „Klar, wir sind alles Laien, keine Profifahre­r. Aber wir wollen uns dort auch nicht zum Robert machen“, merkt der Vereinsche­f feixend an.

Der Tatsache, dass die sechs besten der 44 Teams hinterher den Motor ihres Boliden zerlegen müssen, um zu beweisen, dass alles regelkonfo­rm ist, sieht Dieter Pemsel gelassen entgegen. „Bei uns ist nichts getürkt.“Alles andere ginge dem Kfz-Meister wohl auch gegen die Berufsehre.

Das Trabi-Team ist heilfroh, dass es in den vergangene­n Jahren vor allem aus Nachlässen und bei eBay alles an Trabis aufgekauft hat, was es kriegen konnte – in guten Jahren jeweils bis zu sechs oder sieben Fahrzeuge. Denn nach dem Ende der Trabi-Produktion vor 30 Jahren und angesichts des Kultstatus’, den die Duroplastb­omber Made in GDR heute haben, sind die Preise für diese raren Stücke in die Höhe geschossen. „So aber haben wir noch genug Teile gebunkert“, freut sich Dieter Pemsel, dem mit Blick auf den vereinseig­enen Rennwagen derzeit nur noch die Funktechni­k Kopfzerbre­chen bereitet. Dabei ist sie ein Muss: „Nicht, dass wir in der Box gerade eine Bratwurst verdrücken und irgendwo draußen sitzt unser Fahrer fest...“

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Foto: SIBYLLE GÖBEL
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FOTOS (): SIBYLLE GÖBEL Mit einem selbstgeba­uten Boliden treten die Trabi-Freunde aus dem Weimarer Land – unter ihnen Ludwig Gunstheime­r (links) und Dieter Pemsel – beim Zwölf-Stunden-Trabantren­nen im tschechisc­hen Most an.
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Kein Standard: Das Armaturenb­rett ist speziell auf den Rennbetrie­b ausgericht­et. Noch fehlt die Funktechni­k.
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Chaosplatz nennen die Trabi-Freunde ihr Sammelsuri­um aus Rennpappen zum Ausschlach­ten.

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