Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Merkel will eigenen Flugzeugträger
Kanzlerin setzt auf stärkere europäische Verteidigung als Antwort auf US-Präsident Trump. Gemeinsame Entwicklung mit Frankreich?
BERLIN. Groß, größer, Merkel? Die Bundeskanzlerin findet es „richtig“und „gut“, wenn Frankreich und Deutschland zusammen einen europäischen Flugzeugträger bauen würden. Sie sei gern bereit, „daran mitzuarbeiten“, versicherte Angela Merkel (CDU) am Montag.
Auf ihre alten Tage entwickelt die Kanzlerin, die spätestens 2021 ausscheiden will, ein unbekanntes Faible fürs Militärische und für – Zukunftsmusik. Über Flugzeugträger verfügt die Bundesmarine nicht. Bisher klang es zu kühn, um wirklich in Betracht gezogen zu werden. Schon gewöhnliche Kampfschiffe sind Mangelware.
Die Flugzeugträger sind die Dinosaurier der Weltmeere, die größten Schiffe der Marine und eine Domäne der USA. Die Träger der amerikanischen NimitzKlasse sind über 300 Meter lang und haben einen Tiefgang von bis zu zwölf Metern. Das letzte Schiff dieser Klasse kostete 6,3 Milliarden Dollar, jeder Tag auf See schlägt mit 2,5 Millionen Dollar zu Buche. Das sind die Dimensionen, in die Merkel vorstößt. Weder von ihrer Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) noch von Kassenwart Olaf Scholz (SPD) gab es gestern dazu eine Reaktion. Ihnen dürfte es die Sprache verschlagen haben. Allenfalls finanziell dürfte der Vorschlag den Rahmen sprengen. Politisch wie militärisch ist der Vorstoß keineswegs aus der Zeit gefallen. Auch China will mehr von diesen tonnenschweren Landebahnen, die auf den Meeren unterwegs sind. Japan denkt darüber nach, die Türkei will folgen. Solche Waffensysteme haben einen hohen Prestigewert und sind mindestens ebenso ein Mittel zur Machtdemonstration wie zur Verteidigung im engeren Sinne. Sie sind die Erkennungszeichen der Großmächte, in Westeuropa ein Alleinstellungsmerkmal von Franzosen und Briten.
Frankreichs Marine hat ihren einzigen und atombetriebenen Flugzeugträger, die gerade erst renovierte „Charles de Gaulle“. Die zweijährige Überholung kostete dem Vernehmen nach mehr als eine Milliarde Euro. Der Plan, einen Flugzeugträger gemeinsam zu entwickeln, ist nicht neu, war aber zuletzt von CDU-Chefin Annegret KrampKarrenbauer öffentlich ins Spiel gebracht worden.
Sie hatte in ihrem Konzept für eine EU-Reform an das Projekt eines europäischen Flugzeugträgers erinnert und andere Nationen zur Teilnahme eingeladen. Sie will damit der globalen Rolle der EU „als Sicherheits- und Friedensmacht Ausdruck verleihen“. Der gemeinsame Flugzeugträger wäre dann der nächste Schritt. Er wäre auch eine logische Reaktion darauf, dass die USA sich unter Präsident Donald Trump nicht mehr selbstverständlich als Schutzmacht Europas betrachten. Ein Flugzeugträger als Emanzipationsstück von der westlichen Führungsmacht?
Trump hat seine europäischen Nato-Partner aufgefordert, mehr für die Landesverteidigung auszugeben. Zielmarke: zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts. Davon ist die Bundeswehr weit entfernt – sie liegt bei 1,2 Prozent, von der Leyen strebt gegen den Widerstand des Finanzministers 1,5 Prozent an. Mit dem Milliardenprojekt Flugzeugträger würde das Zwei-Prozent-Ziel erreichbar.
Flugzeugträger haben hohen Prestigewert