Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Geheimsache Mängelverwaltung
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will Berichte über Einsatzbereitschaft der Bundeswehr schwerer zugänglich machen
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit Soldaten. BERLIN. Vier Jahre lang war die materielle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr ein offenes Geheimnis. Obgleich „nur für den Dienstgebrauch“, waren die jährlichen Berichte an den Bundestag eine Fundgrube – für die Opposition zumal. Doch nun ist Schluss mit der Transparenzoffensive. Nach dem Willen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sind die Mängelberichte ab jetzt Geheimsache.
In einem vierseitigen Schreiben an Wolfgang Hellmich (SPD), den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, begründet Generalinspekteur Eberhard Zorn die höhere Einstufung mit dem Schutz der nationalen Sicherheitsinteressen und auch der Soldaten. „Unbefugte“sollten aus den Berichten keine konkreten Rückschlüsse auf die aktuellen Fähigkeiten der Bundesrepublik ziehen können, schreibt der ranghöchste Militär. Einen ganz anderen Reim darauf macht sich Tobias Lindner von den Grünen. „Anscheinend ist die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr so schlecht, dass es besser die Öffentlichkeit nicht erfahren sollte“, sagte der Verteidigungspolitiker unserer Redaktion. Künftig sollen die Parlamentarier zwar häufiger – nicht ein-, sondern zweimal im Jahr – und auch ausführlicher informiert werden, aber die Berichte sollen nur noch unter ungleich strengeren Auflagen in der Geheimschutzstelle des Bundestages einsehbar sein. „Das ist verwunderlich, gerade weil die Praxis in den vergangenen (vier) Jahren deutlich anders war“, sagte Hellmich unserer Redaktion.
Die Frage ist, was eigentlich mehr geschützt wird – das deutsche Sicherheitsinteresse oder das Image der Ministerin? Für Linken-Politiker Matthias Höhn steht die Antwort fest. Es sei ein „windiger Versuch“, Schweigen darüber herzustellen, dass die Zahlen der Einsatzbereitschaft „weiter miserabel“ seien. Die fast 10.000 Waffensysteme der Bundeswehr waren nach Zorns Darstellung im vergangenen Jahr im Durchschnitt immerhin zu 70 Prozent im Einsatz. Zu 30 Prozent wurden sie repariert, gewartet oder modernisiert. 2018 habe aber auch die „höchste Beanspruchung des verfügbaren Materials seit zwei Jahrzehnten“gebracht. Schließlich hat die Truppe für die NatoÜbung Trident Juncture in Norwegen 2500 Fahrzeuge und 10.000 Soldaten abgestellt. In kurzer Zeit wurden mehr als doppelt so viel Personal und Material in ein anderes Land verlegt wie in allen derzeit laufenden Einsätzen. (san)