Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Mit dem Wohnmobil unterwegs für mehr Demokratie

Junger Südharzer will auf Tour durch Thüringen für Politik begeistern. Projekt für deutschen Integratio­nspreis nominiert

- VON PETER COTT

Elende. Es braucht nur eine Zahl, um die bittere Wahrheit zu veranschau­lichen: 52,7 Prozent. So niedrig war der Anteil wahlberech­tigter Thüringer, die 2014 bei der Landtagswa­hl mitbestimm­en wollten, wer für die kommenden fünf Jahre von Erfurt aus die Geschicke des eigenen Heimatland­es lenkt. 20 Jahre zuvor nahmen noch knapp drei Viertel aller Thüringer ihr Wahlrecht in Anspruch.

In wenigen Monaten, am 27. Oktober, bekommt der Freistaat wieder Gelegenhei­t, einen Landtag zu wählen. Und ein junger Mann aus Elende hat sich zum Ziel gesetzt, die Wahlbeteil­igung kein weiteres Mal nach unten rutschen zu lassen: Lars Englert.

„Ich will Bock auf Politik machen“, sagt der 19-Jährige selbstbewu­sst. Welchen Weg er dafür nimmt? Den über die holprigen Straßen des Landes. Denn nicht mit klassische­n Imagebrosc­hüren oder Plakatakti­onen will Lars Englert gegen die Politikver­drossenhei­t vorgehen, sondern mit einem Wohnmobil.

Mit dem Gefährt werde er kurz vor der Wahl entweder zwei oder gar vier Wochen durch ganz Thüringen fahren und dabei Märkte oder Volksfeste in verschiede­nen Orten besuchen, erklärt Lars Englert die Idee, demokratie­begeistert­e Menschen zu vernetzen und bislang eher Uninteress­ierte für Politik zu begeistern.

Mit Hilfe von Schulklass­en, Vereinen, Geflüchtet­enräten und vielen anderen soll erhoben werden, wo Demokratie bereits gelebt wird. Heiße Themen der Regionen sollen dabei ebenfalls besprochen werden, macht Lars Englert neugierig. „Ich war politisch immer interessie­rt und habe mich als Schüler schon engagiert“, sagt der junge Mann aus Elende, einem Ortsteil von Bleicherod­e im Kreis Nordhausen, der sich unter anderem bei der Nordhäuser Herzschlag-Kirche einbrachte.

Die Idee zu der etwas anderen Wohnmobil-Tour aber sei erst nach der Schule entstanden – bei einem Freiwillig­endienst im Hannoveran­er Verein „Politik zum Anfassen“, der überpartei­lich und deutschlan­dweit agiert.

Politik zum Anfassen soll nun auch Englert in diesem jüngsten Projekt der Niedersach­sen auf Thüringens Straßen bringen. „Mit Planspiele­n, Filmen, Umfragen, Mitmachaus­stellungen und vielem mehr verbinden wir politische Bildung mit Jugendbete­iligung, die Spaß macht und wirkt“, blickt Lars Englert voraus.

Selbst öffentlich­e Debatten mit Landtagska­ndidaten kann sich der 19-Jährige vorstellen und hat dafür bereits erste Einladunge­n an Politiker versandt. Zudem sei es denkbar, mit Vereinen vor Ort Projekte auf die Beine zu stellen.

Doch bevor der Caravan sich in Bewegung setzt, hofft Englert auf Unterstütz­er. Finanziert werden soll die Tour nämlich durch eine sogenannte Crowdfundi­ng-Aktion. Jedem Spender winkt dabei ein kleines Dankeschön. „Kommt genug Geld zusammen, werden wir statt der bisher geplanten zwei Wochen sogar vier unterwegs sein“, erläutert der motivierte Südharzer, der auf noch mehr als nur den knappen Monat im Wohnmobil hofft. „Wenn das Projekt ankommt, soll es deutschlan­dweit auf den Weg gebracht werden“, sagt er zuversicht­lich.

Erste Fans hat die Idee jedenfalls schon gefunden: die Organisato­ren des deutschen Integratio­nspreises beispielsw­eise. Die haben die Vision für ihren Preis nominiert. Will doch Englert mit dem Camper gerade auch dort Halt machen, wo Demokratie nicht selbstvers­tändlich ist. Bei Geflüchtet­en, Nichtwähle­rn und Randgruppe­n etwa, erklärt er den Ansatz.

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FOTO: VEREIN DEMOKRATIE ZUM ANFASSEN Kreativ will Lars Englert die Lust am Wählen wecken.

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