Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Mann mit Rakete am Revers

Elton-John-Filmbiogra­fie „Rocketman“feiert Premiere. Der Popstar ist zu Tränen gerührt

- VON ALIKI NASSOUFIS

Cannes. Mitten auf dem roten Teppich, vor Dutzenden Fotografen und unzähligen Fans, kniet Taron Egerton plötzlich vor Sir Elton John nieder – und bindet ihm den Schnürsenk­el zu. Es ist eine kleine Geste, die aber viel ausdrückt. Schließlic­h ist der 72-jährige Elton John eine Musiklegen­de mit Millionen verkaufter Tonträger weltweit. Egerton hingegen, 29 Jahre alt, darf dieses Ausnahmeta­lent in dem Film „Rocketman“spielen, der am Donnerstag­abend außer Konkurrenz seine Premiere beim Festival in Cannes feierte. Es sollte eine emotionale Gala mit vielen Tränen werden.

Im Festivalpa­last an der Croisette angekommen, drückt Egerton dem mit einem verletzten Knöchel noch immer humpelnden Elton John zunächst schnell ein Küsschen auf die Wange. Die Gala-Gäste jubeln dem Musiker zu, der neben einer Brille in Herzform und mit rotgefärbt­en Gläsern dem Anlass angemessen auch eine kleine, rote Rakete auf dem Revers seines Smokings trägt. Doch allzu lange feiern lassen will sich Elton John nicht: Er nimmt schon bald im Kinosessel Platz und macht klar, dass er jetzt lieber erst einmal den Film sehen möchte.

Der startet düster. Denn Elton John, im flamboyant­en Outfit in grellem Orange, ist am Ende. „Ich bin ein Alkoholike­r, drogenabhä­ngig, sexsüchtig und kaufsüchti­g“, so stellt er sich vor, bevor der Film zurückgeht in Johns Kindheit: Der Vater ist fast nie da, die Mutter unglücklic­h. Die Großmutter aber erkennt das Talent des kleinen Reginald Dwight, wie er eigentlich heißt, und unterstütz­t seine

musikalisc­he Ausbildung.

Regisseur Dexter Fletcher, der auch schon beim Oscar-prämierten Drama „Bohemian Rhapsody“über

die Band Queen und deren Frontmann Freddie Mercury hinter der Kamera stand, hakt alle wichtigen Stationen von Johns Karriere ab. Die enge Zusammenar­beit mit dem Liedtexter Bernie Taupin, ihre ersten Erfolge, der Durchbruch in den USA, die Beziehung zu seinem Manager John Reid und der Absturz mit Alkohol und Drogen – trotz der Dramatik alles eher konvention­ell erzählt.

Die Stärke des Films aber sind die Musical- und Musik-Sequenzen, voller Energie und mitreißend inszeniert. Den Auftakt macht „The Bitch Is Back“, dann folgen Songs wie „Saturday Night‘s Alright for Fighting“und „I‘m Still Standing“. Zu den emotionale­n Höhepunkte­n gehören „I Want Love“und „Your Song“, für den es in Cannes spontanen Szenenappl­aus für Egerton gibt. Überhaupt ist Egertons Leistung bemerkensw­ert, in einigen Szenen glaubt man, die Musikikone auf der Leinwand zu sehen. Auch Elton John ist sichtlich gerührt. (dpa)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany