Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Weimarer Geschichte aus dem Blickwinke­l von Jugendlich­en

Eine Enzyklopäd­ie der besonderen Art: Für das Internetpr­ojekt „Youpedia“wandern Schüler auf Schillers Spuren

- VON VICTORIA AUGENER

Weimar. Mit Dreispitz auf dem Kopf und Gehstock in der Hand stehen Jonathan und Tobias vor dem Schillerha­us. Von dem Dichter haben sie schon einiges gehört, sei es im Deutsch-Unterricht oder im Alltag. Natürlich ist Schiller in Weimar in aller Munde. Doch in der Rolle des Klassiker durch sein einstiges Wohnhaus gehen, sehen, wo die Werke erdacht wurden, die sie in der Schule behandeln – so nah waren die Neuntkläss­ler dem Dramatiker noch nie.

So wie Jonathan und Tobias sollen auch andere Jugendlich­e Schiller sehen und verstehen. Aus Fotos, die sie auf ihrer Tour durch das Haus gemacht haben, erstellt die insgesamt vierköpfig­e Gruppe eine Präsentati­on und spricht zu jeder Szene erklärende Texte ein – fertig ist ihr erster Beitrag auf „Youpedia“. Wie bei der Online-Enzyklopäd­ie Wikipedia erstellen auch bei „Youpedia“die Nutzer die Inhalte. Eigenständ­ig zu recherchie­ren, erklärt die Projektver­antwortlic­he Sophia Gröschke, soll den Zugang der Jugendlich­en zu Kultur und Geschichte vereinfach­en. Dabei arbeiten sie mit einem Werkzeug, das sie ohnehin täglich bedienen: dem Internet. Doch auch, wenn die Google-Suche vielen Schülern schon in Mark und Bein übergegang­en ist, will Online-Recherche gelernt sein. Sophia Gröschke und ihre Kollegen von der Klassik-Stiftung zeigen den Arbeitsgru­ppen, welchen Quellen man vertrauen kann, erklären ihnen, was sie beim Formuliere­n von Texten und Einspreche­n von Audiodatei­n beachten müssen. Zwar dreht sich „Youpedia“in Weimar um Goethe und Schiller, während der Arbeit an kulturgesc­hichtliche­n Themen könnten die Schüler aber auch Parallelen zu gegenwärti­gen Problemati­ken ziehen. Etwa wenn es um den gesellscha­ftlichen Stand von Christiane von Vulpius geht. Die Ehefrau Goethes wurde im aristokrat­ischen Umfeld des Dichters nicht akzeptiert. Die Kränkungen, die Christiane Vulpius erfahren hat, kommen Mobbing gleich. Dieses Verhalten haben wohl viele der Schüler schon miterlebt.

Weiterhin beschäftig­ten sich die Jugendlich­en mit dem Verhältnis von Goethe zu Charlotte von Stein sowie der Freundscha­ft zwischen ihm und Schiller, die – wie die Teilnehmer erfahren – sich anfangs gar nicht freundlich gesonnen waren.

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FOTO: SOPHIA GRÖSCHKE Jonathan (links) und Tobias von der Gemeinscha­ftsschule Carl Zeiss Weimar haben einen „Youpedia“-Beitrag zur Geschichte des Schillerha­uses erstellt.

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