Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Mönch wird Campingplatzbetreiber
Der aus Laos stammende Buddhist lebt seit 1976 in Deutschland. Nun ist Van Chi Nguyen in Ziegenrück aktiv
Van Chi Nguyen sitzt mit freiem Oberkörper nahe der Rezeption auf einer Campingliege in der Morgensonne und cremt sich mit Sonnenöl ein. „Ich war heute schon fleißig“, sagt der aus Laos stammende Mönch, der neuer Betreiber des Naturcampingplatzes Plothental in Ziegenrück (Saale-Orla-Kreis) ist.
Wie immer ist er um 4.30 Uhr aufgestanden. Anschließend hat er bei einer Wanderung die Natur genossen. „Distanz: 10,6 Kilometer, 17.128 Schritte; Treppen: 31 Stockwerke“, zeigt eine Fitness-App auf seinem Smartphone an. Nach der Rückkehr hat er Frühstück vorbereitet und sauber gemacht, meditiert und sich zum Entspannen in die Sonne gelegt. „Das Leben ist schön“, sagt der 59-Jährige.
Bis Van Chi Nguyen, der im vergangenen September den Campingplatz „Naturcamping Plothental“für 210.000 Euro bei der Herbstversteigerung der Deutsche Grundstücksauktionen in Berlin erwarb, in Ziegenrück ankam, war er viel mehr als 17.128 Schritte unterwegs.
Als 16-Jähriger floh er 1976 mit dem Boot nach Thailand und von dort per Flugzeug nach Westberlin. Anfangs jobbte er bei AEG. 1980 eröffnete er ein Blumengeschäft, ein Jahr später mit Bekannten ein Thai-Restaurant. Über einen längeren Zeitraum sah er in Berlin einer Buddhistengruppe von MahayanaMönchen beim Meditieren zu. Nicht ohne Folgen. „Es war ein friedlicher Anblick. Und immer wenn ich in mein Geschäft voller Menschen zurückkam, war es dort sehr laut. Ich wusste, dass ich etwas in meinem Leben ändern musste“, sagt Van Chi Nguyen.
So überließ er Laden und Restaurant seinen Geschäftspartnern und wurde ab dem Jahr 2000 an einem buddhistischen Meditationszentrum in Frankreich selbst zum Mönch.
„Ich möchte den Menschen beibringen, dass sie in Harmonie und ohne Diskriminierung miteinander leben sollen. Denn auf der Welt gibt es bereits genug Leid. Unser Blut hat dieselbe Farbe“, sagt er. Der Mönch lebte einige Monate in Klöstern in den USA und Kanada, anschließend in einer Hütte in den Bergen in Vietnam. „Mönche in aller Welt lieben viel Ruhe und die Natur“, so Van Chi Nguyen.
Zurück in Berlin gründete er mit Gleichgesinnten den Verein „Haus für Achtsames Leben, Berlin e.V.“. Das ist eine religiöse Gemeinschaft mit dem Ziel, die Lehre Buddhas darzulegen und zu verbreiten. Zu den Vereinsaufgaben gehört auch die Unterstützung hilfebedürftiger, in Not geratener Buddhisten, Obdachloser und Flüchtlinge beispielsweise durch gemeinsames Kochen. Mit ordinierten Mönchsschülern des in Frankreich im Exil lebenden ZenMeisters Thich Nhat Hanh betreibt er in Hannover ein Restaurant namens Vegan Village auf Spendenbasis. Nachdem er vor zwei Jahren ein Jugendcamp auf einem Naturcampingplatz an der Ostsee veranstaltete, gab es den Wunsch, dieses zu wiederholen. Und dann entdeckte er im Auktionskatalog, dass der Campingplatz im Saalestädtchen versteigert werden soll.
„Nicht ich habe Ziegenrück gesucht, Ziegenrück hat mich gefunden“, sagt Van Chi Nguyen. Am Tag vor der Auktion sah er sich das 25.000 Quadratmeter große Gelände zwischen den bewaldeten Bergen im Plothental an. Und ersteigerte es tags darauf zu einem Preis von 15.000 Euro über dem Mindestgebot.
Er habe das Geld von Freunden geliehen, die seine Ideale unterstützen. Den Campingplatz in Ziegenrück will er so betreiben wie seine Vorgänger. Auch für die Dauercamper sollen sich die Preise nicht erhöhen.
„Unsere Gäste sollen sich wie eine Familie fühlen, die bewusst lebt und achtsam mit der Natur umgeht. Beim Camp im Juli sollen die Jugendlichen erleben, wie schön ein Leben in der Natur ohne Konsum ist“, sagte der neue Zeltplatzbetreiber in Ziegenrück.