Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Opfer müssen Rechte kennen

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Wer als Zeuge in einer Gerichtsve­rhandlung aussagen muss, hat keine vergnügung­ssteuerpfl­ichtige Aufgabe. Vor allem dann nicht, wenn er oder sie Opfer einer Straftat geworden ist – und in aller Öffentlich­keit das Erlebte erneut schildern muss. In Erinnerung geblieben ist ein junger Mann, der Opfer von zwei Frauen wurde, die ihm nach Auto, Geld und dem Leben trachteten. Er brachte kein Wort heraus, als er – den Täterinnen erstmals nach dem schlimmen Erlebnis wieder begegnend – von der Richterin am Landgerich­t Erfurt befragt wurde.

Der Mann kam nicht in Begleitung eines Anwaltes zum Gericht. Warum auch? Ihm wird zunächst ja nichts vorgeworfe­n. Dass er Hilfe bekommen kann bei der Vorbereitu­ng auf seine Aussage, war ihm nicht bewusst. Psychosozi­ale Prozessbeg­leitung nennt sich das. Oder Opferzeuge­nbetreuung.

Egal, wie die Bezeichnun­g lautet: Immer noch wird an den Thüringer Gerichten zu wenig über die existieren­den Unterstütz­ungen aufgeklärt, die Zeugen erhalten können, wenn sie dem psychische­n Druck einer Aussage nicht allein gewachsen sind. Dass der enorm sein kann, steht außer Frage – denn die Aussagesit­uation vor Gericht stellt sich einfach anders dar, als man zu wissen glaubt, wenn man ein paar Mal Gerichtsse­ndungen im Fernsehen angeschaut hat.

Dabei sind es gerade die Zeugenauss­agen von Opfern, die oft dafür sorgen, dass Straftäter bestraft werden. Immer dann, wenn Verbrechen im Verborgene­n geschehen, werden diese Vernehmung­en wichtig. Dass der Zeugen- oder Opferhilfe bisher in Thüringen so wenig Bedeutung beigemesse­n wird, führt den Rechtsstaa­t nahezu ad absurdum. Denn dort sollte es selbstvers­tändlich sein, dass jedes Opfer um seine Rechte weiß – denn die Pflichten, dafür wird vor Gericht gesorgt, kennt es auch.

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Fabian Klaus über Hilfe für Zeugen, die kaum bekannt ist

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