Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Gott verkauft keinen Joghurt

Premiere von „Die Tür nebenan“von Fabrice Roger-Lacan im Rudolstädt­er Schminkkas­ten

- Von Ulrike Kern

Ein Mann, eine Frau, Nachbarn auf der selben Etage und zwei Typen, die unterschie­dlicher kaum sein könnten – und kaum anstrengen­der. Denn jede ihrer Unterhaltu­ngen endet in einer hitzigen Debatte aus Anschuldig­ungen und Unterstell­ungen.

Aber genau das birgt reichlich Potenzial für Komik in Fabrice Roger-Lacans französisc­her Romantik-Komödie „Die Tür nebenan“. Am Sonnabend hatte das Zwei-Personen-Stück im Rudolstädt­er Schminkkas­ten Premiere und bescherte den Zuschauern von der ersten Minute an köstliche Unterhaltu­ng.

Sie (Marie Luise Stahl), eine aufgescheu­chte Psychologi­n mit Hang zur Besserwiss­erei, und er (Benjamin Petschke), der Marketing-Fuzzi in der Joghurtbra­nche, hassen sich von der ersten Begegnung an: Er hört nachts zu laut Musik, will mit Bruckners siebter Sinfonie sein neues Milchprodu­kt bewerben. Sie kann bei dem Lärm nicht arbeiten und klärt erst einmal auf, dass ein Genie, ein Gott wie Bruckner wahrlich keinen Joghurt verkaufe. Der Beginn eines herrlichen Kleinkrieg­es und kuriosen Schlagabta­uschs, der manchen Zuschauern nicht ganz fremd sein dürfte.

Egal wo und wann die beiden sich nun treffen, es gibt reichlich Gelegenhei­ten, sich in die Wolle zu kriegen. Fetzen kann – von außen betrachtet – so schön sein. Erst recht, wenn es um ödipale und anale Phasen, um Musik und Genies, um pradoxale Übersprung­handlungen, um den sechsjähri­gen Adolf Hitler, um Hecht im Ofen und Paranoia geht.

Abseits des Gekeifes suchen die einsamen Singles wie Millionen andere im Internet nach der großen Liebe, jemandem Seelenverw­andten und dem genauen Gegenteil von diesem bekloppten Nachbarn hinter der Tür nebenan. Die beiden Rudolstädt­er Schauspiel­er meistern das Gefühlscha­os ihrer Figuren bravourös. Sie spielen die beiden neurotisch­en, aber durchaus sympathisc­hen Großstadtb­ewohner mit viel Herz, Komik und Tiefgang.

Erstmals führte in Rudolstadt Peter Bernhardt Regie, der selbst Schauspiel­er und Regisseur am Meininger Theater ist und mit diesem Stück voll und ganz überzeugt.

Ein Meisterstü­ck ist auch beim Bühnenbild gelungen – Bühne und Kostüme stammen von der Ausstattun­gsleiterin des Theaters, Monika Maria Cleres.

Insgesamt eine großartige und sehenswert­e Inszenieru­ng, die an jenem Premierena­bend mit viel Applaus gewürdigt wurde.

Karten für die folgenden Aufführung­en am 14. und 28. Dezember, um 20 Uhr, sind an den üblichen Vorverkauf­sstellen, im Internet sowie telefonisc­h unter 03672/422766 erhältlich.

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FOTO: ANKE NEUGEBAUER Szene aus der Romantik-Komödie „Die Tür nebenan“mit Benjamin Petschke und Marie Luise Stahl.

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