Thüringische Landeszeitung (Weimar)
„Hammergruppe“
Bei der EM 2020 trifft die DFB-Elf auf Frankreich und Portugal. Löw sieht es gelassen
Joachim Löw, Didier Deschamps und Fernando Santos nahmen den EM-Pokal in ihre Mitte und flachsten noch auf der Bühne der Bukarester Messehalle über den Worst Case, den die drei Nationaltrainer unbedingt vermeiden wollten. „Wir drei haben geschmunzelt und angedeutet, dass im Sommer einiges auf uns zukommt“, sagte Löw am Tag nach der EM-Auslosung, ehe er mit einem „guten Gefühl“die Heimreise antrat.
Beim Gedanken an die Auslosung musste der entspannte Bundestrainer erneut lächeln, dabei hätte die Zeremonie mit „Losfee“Philipp Lahm 195 Tage vor dem Startschuss der EM 2020 unglücklicher nicht verlaufen können. „Das ist die Hammergruppe schlechthin“, sagte Löw: „ Da ist jeder brutal gefordert, jede Mannschaft muss übers Limit gehen, um sich durchzusetzen.“Und je länger er über das Los sinnierte, desto zufriedener wurde er. „Ich verspüre Freude, denn das sind Highlight-Spiele“, sagte Löw, der im deutschen Spielort München „Fußballfeste“erwartet.
Einige seiner Spieler waren dagegen weniger begeistert und zweifelten sogar offen den komplizierten Auslosungsmodus an. „Du gewinnst die Quali-Gruppe und hast dann den Weltmeister 2018, Europameister
und Weltmeister 2014 – das ist schon fragwürdig“, erklärte Leon Goretzka. Auch Joshua Kimmich empfand das als „merkwürdig“. Zum Vergleich: Die Niederlande, von der DFB-Elf in der Qualifikation noch abgefangen, bekommt es mit der Ukraine, Österreich und einem Play-off-Sieger zu tun.
Die Kritik greift aber zu kurz, schließlich ermöglicht der viel kritisierte Modus dem deutschen Team drei Vorrunden-Heimspiele in München. „Mit diesem Los“, findet der neue DFB-Präsident Fritz Keller, „kann man sofort Fußball-Fieber in Deutschland entfachen“.
Doch Frankreich und Portugal kommen als Partyschreck. „Sie sollten die sein, die Angst haben“, sagte Lucas Hernandez von Bayern München in Richtung des deutschen Rivalen. Portugals Trainer Santos versprach: „Portugal wird so spielen, wie es immer spielt: Als Kandidat auf den EM-Titel.“Und Frankreichs Erfolgs-Coach Deschamps wollte von einer Favoritenrolle nichts wissen: „Wir haben alle das selbe Ziel: Die Vorrunde wenn möglich als Erster zu überstehen.“
Auch wenn sogar ein dritter Platz dafür reichen könnte – auf Rechenspiele will sich das DFB-Team nicht einlassen. „Wenn du große Ziele hast“, sagte Goretzka, „musst du sowieso früher oder später die Großen schlagen“.
Ähnlich sah es auch Lahm, der sich einige Frotzeleien gefallen lassen musste. „Philipp, dich müssen wir entlassen“, sagte Löw hinterher scherzhaft zum Organisationschef der Heim-EM 2024. Lahm konterte schelmisch: „Aber die Stadt München hat gesagt, sie stellen mich ein.“Neben spannenden Spielen erwartet er auch ein Weiterkommen der deutschen Mannschaft. „Ich bin der festen Überzeugung, dass sie sich durchsetzt“, sagte er.