Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Wer ist der Sündenbock in unseren Tagen?
Jürgen Stötzel aus Seebach fragt nach dem Sündenbock. Er schreibt:
Wenn der momentane Status, den wir jetzt haben, so beibehalten wird, ohne Kritik von maßgeblichen Seiten, die ändern und weiter helfen sollten, blicke ich mit Sorge in die Zukunft vor möglichen Ereignissen, vor allem, wenn meiner Meinung nach der „worst case“eintreten sollte, was wir alle nicht hoffen, aber nicht unmöglich erscheint: Immobilienkrise, schlimmer als 2008/09, Bankencrash, Brexit, weltweite Handelskriege (USA, China und andere), Rezession bis hin zur Wirtschaftskrise (mögliche Inflation mit Deflation – war alles schon mal da), dazu die drei Millionen Flüchtlinge in Warteschleife in der Türkei auf dem Weg nach Europa/Deutschland). Was dann? Noch besteht meiner Meinung nach ein Hoffnungsschimmer, dass es nicht ganz so schlimm kommt, aber welche positive Rolle kann der Journalismus dazu noch beitragen?! Ich glaube, dass wissen Sie besser als ich.
Sehr geehrter Herr Stötzel.
Sie fragen nach der positiven Rolle des Journalismus’. Das ist ein Lieblingsthema von mir. Das Geschwätz von „Only bad news are good news“widerstrebt mir. Das Gute kommt nicht zu kurz. Mir ist nicht bange um die Zukunft, wenn ich sehen, dass sich 500 Menschen allein bei einer Veranstaltung in Weimar für Holzbau als das große Thema des 21. Jahrhunderts interessieren und wenn Hunderte Thüringer einen Abend lang sich mit Innovationen aus diesem Land befassen. Was die Zukunft konkret bringt? Wäre ich Prophetin, könnte ich es Ihnen sagen. Wenn wir nicht nur beklagen, sondern tun, dann tut sich auch etwas. Und gerade bei den Jungen wollen so viele nicht länger nur Zuschauer sein, sondern Gestalter der Zukunft – und das weltweit, aber auch im Kleinen. Insofern ist mir nicht bange. Bad news sind nie good news. Schlechte Nachrichten sind nötig in dem Sinne, dass es Fehlentwicklungen, Lug und Trug aufzudecken gilt – ohne blinde Flecke.
Es grüßt herzlich Gerlinde Sommer stv. TLZ-Chefredakteurin