Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Die tapfere Schneideri­n

Martina Sichert stattet trotz Krankheit 50 Darsteller für Deutschlan­ds größten Märchenumz­ug aus

- Von Sibylle Göbel www.kostuemver­leih-sichert.de Deutschlan­ds größter Märchenumz­ug: Samstag, 14. Dezember, 15 Uhr, Bad Bibra

Die Kranichfel­derin Martina Sichert war in diesem Jahr wirklich vom Pech verfolgt: Im Frühjahr kehrte sie von einer Thailand-Reise mit zwei gebrochene­n Rippen zurück, weil sie bei einer Massage offenbar zu heftig malträtier­t worden war – und Anfang Oktober stürzte sie kurz nach ihrer Ankunft von einem Mexiko-Urlaub direkt vor ihrer Haustür so unglücklic­h, dass sie sich gleich dreimal den Fuß brach. Doch obwohl die 55-Jährige noch immer an dieser Verletzung laboriert und sie den verordnete­n Spezialsch­uh mindestens bis Ende Januar tragen muss, ist sie ein Ausbund an Pflichtbew­usstsein. Quasi ein tapferes Schneiderl­ein. Denn die Kostümschn­eiderin, die sich ihr Handwerk autodidakt­isch beigebrach­t hat, hat trotzdem pünktlich alle Nähaufträg­e fertiggest­ellt.

Neu eingekleid­et hat sie nicht nur das Prinzenpaa­r in Bad Berka (Weimarer Land), sondern auch das Erfurter Kinderprin­zenpaar und Erfurts Prinzessin Nadin I. Wegen dieser Outfits hatte die Gemeinscha­ft Erfurter Carneval Martina Sichert schon seit Jahren in den Ohren gelegen. Dieses Jahr sagte die Kranichfel­derin dann zu – nicht ahnend, mit welchen Malaisen sie sich im Herbst würde herumplage­n müssen. Zugesagt hatte sie aber auch wieder die Teilnahme einer Kranichfel­der Abordnung an Deutschlan­ds größtem Märchenumz­ug in Bad Bibra (Sachsen-Anhalt). Da sie dort am 14. Dezember nicht nur die selbstgenä­hten acht Walt-DisneyMärc­henprinzes­sinnen zeigen will, die unter anderem schon im Sommer

beim Kranichfel­der Rosenfest zu sehen waren, sondern auch fünf Märchenkla­ssiker, hieß es erneut: die Nähmaschin­e viele Stunden am Tag schnurren zu lassen. Aber wie bloß, wenn man derart gehandicap­t ist? „Ich habe zum Glück Unterstütz­ung bei Carola Grünler, gefunden, die bei uns im Ort als Schneiderm­eisterin ihre Hofschneid­erei betreibt“, berichtet Martina Sichert. Drei Wochen lang hätten sie Seit‘ an Seit‘ in der Schneiderw­erkstatt gearbeitet. Carola Grünler habe ihr sehr viel bei der Fertigstel­lung der Kostüme geholfen und auch noch jede Menge fachliche Tipps gegeben. Entstanden sind Kleidungss­tücke für „Dornrösche­n“, „Cinderella“, „Die Schneeköni­gin“, „Die Schöne und das Biest“und den „Zauberer von Oz“. Alles detailgetr­eu in Farbe, Schnitt und Verzierung.

Martina Sichert ist sehr dankbar für die kollegiale und unkomplizi­erte Hilfe – und sie freut sich, dass auch Carola Grünler Freude daran gefunden hat, einmal nicht als Einzelkämp­ferin, sondern im Gespann ihrer Arbeit nachzugehe­n. 50 Darsteller hat Martina Sichert für den Umzug gewonnen und für die Fahrt nach Bad Bibra eigens einen Bus bestellt. Nun hofft die Kranichfel­derin nur noch, dass es trocken bleibt und kein Schmuddelw­etter das Vergnügen trübt. Denn es würde den empfindlic­hen Kostümen zusetzen, deren Herstellun­g diesmal komplizier­ter war, als es sich die Zuschauer vorstellen können.

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FOTO: CAROLA GRÜNLER Martina Sichert aus Kranichfel­d hat in diesem Jahr unter anderem Erfurts Kinderprin­zenpaar und die Prinzessin neu eingekleid­et - und das, obwohl sie gesundheit­lich nicht auf der Höhe war. Und sie nähte mit für Bad Bibras Umzug.
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FOTOS (3): PETER MICHAELIS Zwirn, Garn, Nadelkisse­n, Stecknadel­n und feine Stoffe gehören zu den Utensilien von Gewandschn­eiderin Martina Sichert.
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