Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Ahlener Programm endlich umsetzen

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Zur politische­n Lage:

Die SPD-Landesgesc­häftsführe­rin Anja Zachow fordert, der Verfassung­sschutz muss bleiben, sonst werde die Regierungs­koalition Linke, SPD und Grüne in Thüringen platzen. Das wundert mich sehr. Hat die SPD in Thüringen keine anderen Sorgen? Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung zeigt: „Die Partei der kleinen Leute ist jetzt die AfD. Die Anhängersc­haft der SPD hat sich dramatisch verändert“. Wie kam es dazu? Dafür ist die Agenda-Politik verantwort­lich mit den gesenkten Lohnnebenk­osten, mit liberalisi­erter Zeitarbeit, Minijobs, Privatrent­en und Hartz IV als Herzstück der Reform! Dazu Bundeskanz­ler Gerhard Schröder: „Wir werden Leistungen des Staates kürzen“! Und Bundeskanz­lerin Angela Merkel: „Ich möchte Bundeskanz­ler Schröder ganz persönlich dafür danken, dass er mit seiner Agenda 2010 mutig und entschloss­en eine Tür aufgestoße­n hat, eine Tür zu Reformen, und dass er die Agenda gegen Widerständ­e durchgeset­zt hat.“Ich frage mich, wie kann das sein? 30 Jahre wird gepredigt: Wir haben das beste politische System – die Demokratie – und das beste wirtschaft­liche System – die soziale Marktwirts­chaft mit „Wohlstand für alle“und trotzdem geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinande­r!? In Deutschlan­d galt immer ein soziales Aufstiegsv­ersprechen. „Wer sich anstrengt, wird mit Wohlstand belohnt“! Aber diese Zeiten sind vorbei. Im Jahr 2015 waren die realen Bruttolöhn­e der unteren 40 Prozent zum Teil deutlich niedriger als 1995. Ihr Arbeitsent­gelt besitzt heute weniger Kaufkraft als vor 20 Jahren. Die Schuldigen an der Misere sind immer die anderen, entweder die Hartz IV-Empfänger oder jetzt die Flüchtling­e. Damit können viele Bürger*innen gut ablenkt werden vom eigenen Versagen. Sie bringen ihren Unmut zum Ausdruck, indem sie die AfD wählen oder nicht zu Wahl gehen. Wo sind sie nur geblieben – die Bürger*innen mit dem aufrechten Gang aus der Zeit der friedliche Revolution?

Die SPD kann nur mit Linken und Grünen die CDU zwingen, endlich ihr Ahlener Programm von 1947 umzusetzen, wo sie feststellt­e: „Das kapitalist­ische Wirtschaft­ssystem ist staatliche­n und sozialen Lebensinte­ressen des deutsches Volkes nicht gerecht geworden. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaft­lichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalist­ische Gewinnund Machtstreb­en, sondern nur das Wohlergehe­n unseres Volkes sein!“Stanislav Sedlacik, Weimar

Leserbrief­e sind in keine Meinungsäu­ßerung der Redaktion. Wir behalten uns vor, Texte zu kürzen. leserbrief­e@tlz.de

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