Thüringische Landeszeitung (Weimar)
„Wir sind keine Therapieeinrichtung“
Die CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer lehnt eine Neuverhandlung des Koalitionsvertrages ab
Hält die große Koalition? Diese Frage wird die nächsten Wochen prägen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) jedenfalls zeigte sich beim ersten öffentlichen Termin nach dem Sieg von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans im Kampf um den SPD-Vorsitz entspannt. Beim Agrargipfel mit Landwirtschaftsverbänden begrüßte sie am Montag auch Abgeordnete „aus den die Koalition tragenden Fraktionen“.
Sollte die SPD wirklich ihre Minister aus der Regierung abziehen, wird es vor allem an der Kanzlerin liegen, wie es weitergeht. Sie könnte im Bundestag die Vertrauensfrage stellen und damit absichtlich scheitern. Dann könnte es zu Neuwahlen kommen.
Doch wie stehen die Chancen, dass Teile einer frustrierten SPD-Fraktion in geheimer Abstimmung gar nicht gegen die GroKo stimmen? Die Kanzlerin könnte die offenen Kabinettsposten nach dem Rückzug der SPD-Minister mit Unionspolitikern oder parteilosen Experten besetzen. Da der Haushalt für das kommende Jahr beschlossen wurde, wäre eine solche Minderheitsregierung etwa ein Jahr lang handlungsfähig.
Doch zunächst signalisierte die Kanzlerin via Regierungssprecher
Steffen Seibert ihre Bereitschaft zu Gesprächen mit der neuen SPD-Spitze. Zugleich betonte Seibert: „Eine Neuverhandlung des Koalitionsvertrags steht nicht an.“
Nach dem SPD-Parteitag, der von diesem Freitag bis Sonntag in Berlin zusammenkommt, werde sich aber sicher ein Treffen arrangieren lassen. Wenn Einigkeit hergestellt werden könne, „dann können auch neue Vorhaben in Angriff genommen werden“, sagte Seibert. Das sei die Bedingung: „Nur wenn die Partner sich auf etwas verständigt haben, kann in einer Koalition etwas gemeinsam umgesetzt werden.“
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sprach sich ebenfalls gegen eine Neuverhandlung mit der SPD aus. Ihre Partei wolle sich der Sacharbeit widmen. Doch: „Wir sind keine Therapieeinrichtung für die jeweiligen Koalitionsregierungsparteien – und deswegen gilt der Koalitionsvertrag.“
AKK beriet am Montag mit dem Parteivorstand und Merkel über die Lage in der Koalition. Es habe die Devise geherrscht, als Union abzuwarten, was die SPD auf ihrem Parteitag entscheide. Für den Montag nach dem SPD-Parteitag lud sie vorsorglich Präsidium und Vorstand ihrer Partei nach Berlin ein.