Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Start für die Isserodaer Mini-Bibliothek

Bücherschr­ank in ehemaliger Telefonzel­le lädt seit dem ersten Advent zum Leihen, Tauschen und Bestücken ein

- Von Michael Grübner

Ein Geschenk für das Dorf schon zum ersten Advent: Seit Sonntag hat der „Isserodaer Bücherschr­ank“im Grammetal-Dorf geöffnet. Das bekommt damit auch nach etlichen Jahren wieder eine Telefonzel­le: Untergebra­cht ist die Mini-Bibliothek nämlich in einem solchen ausrangier­ten Exemplar der Telekom. Folgericht­ig bekam der Bücherschr­ank auch exakt den Standplatz des früheren öffentlich­en Fernsprech­ers, in der Schlossgas­se auf einer Grünfläche vor dem Schulungsr­aum der Freiwillig­en Feuerwehr. Einziger Unterschie­d: Die vor Jahren dort demontiert­e Zelle war gelb, die jetzige ist im modernen Grau und Magenta der Telekom lackiert.

In anderen Orten des Weimarer Landes funktionie­ren solche „Bibliothek­en des Vertrauens“bereits seit Jahren, im Bereich der Verwaltung­sgemeinsch­aft

und künftigen Landgemein­de Grammetal spielt Isseroda damit allerdings eine Vorreiterr­olle. Der Bücherschr­ank funktionie­rt ganz unkomplizi­ert: Es gibt keine Mitgliedsa­usweise, keine Kontrolle, keine Fristen, Mahnschrei­ben oder gar Verzugsgeb­ühren. Die Zelle hat immer geöffnet, und wer Lust zum Lesen hat, geht einfach hin, leiht sich ein Buch, bringt es zurück, wenn er damit fertig ist – und nimmt bei Bedarf ein anderes mit. Wer in seinen heimischen Regalen Platz braucht, kann seine Bücher ab sofort in die Zelle bringen und einfach in die Regale stellen, so lange dort noch Platz ist. Im Bücherschr­ank sind sie in jedem Fall besser aufgehoben als im Altpapier, und die „Zirkulatio­n“soll dafür sorgen, dass der Lesestoff zwar gebraucht ist, aber doch immer frisch bleibt. „Warum soll das nicht auch bei uns funktionie­ren?“, so Bürgermeis­ter Ralf Lober.

Klaus Dänhardt heißt der Mann, dem die Isserodaer diese Einrichtun­g im Wesentlich­en verdanken. Der Ruheständl­er engagiert sich im Kirchbau- und Heimatvere­in und arbeitete früher als Leiter der Andreas-Gordon-Berufsschu­le Erfurt. Bereits dort organisier­te er die Einrichtun­g einer „Bibliothek des Vertrauens“

und brachte diese Idee im Jahr 2018 über die beiden Vertreter des Vereins im Gemeindera­t auch für sein Heimatdorf ins Gespräch. Der Rat zog mit und fasste den Beschluss, eine gebrauchte Telefonzel­le von der Telekom zu kaufen. Per Internet-Recherche fand Ralf Lober den entspreche­nden Anbieter: Das

Fernmeldez­eugamt in Michendorf bei Potsdam vertreibt die ausrangier­ten und aufgearbei­teten Zellen zum Stückpreis von 450 Euro. Der in Isseroda ansässige Personaldi­enstleiste­r Polygon unterstütz­te die Gemeinde beim Transport der Zelle im Mai. Die Vollersrod­aer Firma Elektro-Börmel schloss sie beim Aufstellen im September an das Stromnetz an und sorgte damit für Licht. Die Regale und einen Grundstock an Büchern steuerte Initiator Klaus Dänhardt bei, aber auch einige andere Einwohner sowie die Thalia-Buchhandlu­ng in Weimar bereichert­en bereits die Bestände.

„Herzlichen Dank allen Beteiligte­n“, so Bürgermeis­ter Lober. Die Gemeinde bereite zurzeit die optische Gestaltung des Bücherschr­ankes vor: „Er soll ein Hingucker für das Dorf werden.“Eine Bank in unmittelba­rer Nähe soll bei schönem Wetter dazu animieren, sich gleich hier zum Lesen niederzula­ssen.

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FOTO: MICHAEL BAAR Der „Isserodaer Bücherschr­ank“soll nicht so „nackt“bleiben, sondern bekommt demnächst ein individuel­les Antlitz.

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