Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Entscheidung über Fußball-Arena
Bei einer Zustimmung am Mittwoch im Jenaer Stadtrat ist der Baustart 2020 in Sicht
Wenn Andreas Trautmann Besuchergruppen durchs Ernst-AbbeSportfeld führt, stellt er gern eine rhetorische Frage: „Warum ist die Rückwand der Gegentribüne seit mehr als 25 Jahren nicht verputzt?“Mit der Antwort überrascht der Sprecher des FC Carl Zeiss Jena: „Weil ursprünglich schnell weitergebaut werden sollte.“Doch daraus wurde mehr als ein Vierteljahrhundert nichts. Am Mittwoch nun steht der Jenaer Stadtrat vor der Entscheidung, den Investor für den Umbau des Stadions in eine Fußballarena zu benennen. Wir fassen die wichtigsten Fragen und Antworten zum 52 Millionen Euro teuren Projekt zusammen.
Warum ist in Jena ein Stadion-Umbau notwendig?
Das Ernst-Abbe-Sportfeld präsentiert sich teils im desolaten Zustand. Modernen Ansprüchen genügt nur die im Jahr 1998 fertiggestellte Haupttribüne mit 4000 Plätzen – der einzige überdachte Bereich im Stadion. Auf der Gegengerade vermodern die Sitze. Ein Block der Nordkurve ist seit 2011 einsturzgefährdet gesperrt, weil Kaninchen ihn unterhöhlt haben. Ein Notstromaggregat liefert Energie fürs Flutlicht. Zudem gibt es in vielen
Bereichen nur mobile Baustellentoiletten. „Eine Arena verbessert das Fußballerlebnis für die Zuschauer und die Vermarktungsmöglichkeiten“, sagt Chris Förster, Geschäftsführer des FC Carl Zeiss Jena. Das sei notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu Mitbewerbern herzustellen.
Seit wann laufen die Planungen für eine Fußballarena?
Im Januar 2009 präsentierte der FC Carl Zeiss erstmals die Idee. 2011 stellte das Land EU-Gelder für eine Multifunktionsarena in Aussicht. Anders als in Erfurt war den Jenaern das Risiko zu hoch, Fördermittel zurückzahlen zu müssen. Sie entwickelten eine Alternative: Die neue Stadiontribüne soll zwar ebenfalls Veranstaltungsräume bekommen, allerdings nicht im Rang eines zunächst vorgesehenen Kongresszentrums. Kurzzeitig zog die Stadt in Erwägung, in hochwassersicherer Lage in Lobeda-Ost zu bauen. Letztlich fiel die Entscheidung für eine Fußballarena am Traditionsstandort in hochwassersicherer Bauweise.
Was passiert mit den Leichtathletik-Anlagen?
Vorgesehen ist, dass die Leichtathletik auf eine eigene Anlage neben dem Sportgymnasium umzieht. Die 2010 im Ernst-Abbe-Sportfeld eingebaute Laufbahn ist inzwischen schon wieder in die Jahre gekommen und zuletzt mehrfach geflickt worden. Sie wird entfernt.
Wie sieht das künftige Stadion aus?
Aufgrund des nicht-öffentlichen Verfahrens liegen keine Entwürfe vor. Als Grundvorgabe galt, dass eine Zweitliga-taugliche Arena entsteht. Dafür braucht es 15.000 Plätze. Alle Ränge sollen überdacht sein. Die heutige Haupttribüne bleibt bestehen und wird auf den heutigen Stand der Technik gebracht. Hier haben die Jenaer vom Erfurter Projekt gelernt. Dort steht die alte Haupttribüne leer, weil eine Sanierung nicht eingepreist war. Entgehen früheren Ideen wird das bestehende Spielfeld nicht verschoben. Die Tribünen im Norden und Süden rutschen ans Spielfeld, genauso die Gegengerade mit der neuen Osttribüne, die auch neue VIPBereiche beherbergt. Alle Stadionbereiche bekommen feste Toiletten und Imbissstände. Das Flutlicht soll stehenbleiben.
Wie viel kostet das Bauprojekt?
Die geschätzte Gesamtinvestition von 52 Millionen Euro umfasst das Stadion einschließlich Trainingsflächen und Stellplätze (kein Parkhaus) als Investitionen der Bieter, die umgebende öffentliche Infrastruktur als Investition des Kommunalservice Jena sowie die neue Leichtathletikanlage als Investition der Kommunalen Immobilien Jena. Das Land schießt elf Millionen Euro zu, die Stadt einmalig vier Millionen Euro. Hinzu kommt über 25 Jahre ein Betreiberzuschuss der Stadt Jena, der im Schnitt nicht 1,75 Millionen Euro pro Jahr überschreiten soll – bislang waren es 900.000 Euro pro Jahr. Die Spielbetriebsgesellschaft des FC Carl Zeiss Jena zahlt aktuell 212.000 Euro pro Spielzeit für die Nutzung. Künftig sind es 500.000 Euro in der dritten Liga. In den Szenarien ist auch die Regionalliga berücksichtigt.
Worüber entscheiden die Stadträte am Mittwoch?
Welcher Investor den Zuschlag bekommt. Jener soll die Fußballarena betreiben – mit der Stadt als Minderheitsgesellschafter. Die Diskussion findet wie bei allen Vergabeentscheidungen nicht-öffentlich statt. Sollte die Mehrheit der anwesenden Stadträte für die Vergabe stimmen, müssen danach die Kommunalaufsicht und die Europäische Union den Beschluss bestätigen. Im Februar könnte Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) endgültig die Verträge unterzeichnen und den Zuschlag erteilen.