Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Ein Zaun gegen die Schweinepest
Eine 70 Kilometer lange Absperrung trennt Dänemark von Deutschland. Das Nachbarland will so verhindern, dass die Seuche überspringt. Experten zweifeln, dass der Plan aufgeht
Lange war die Gegend ein wahres Paradies für Wanderer. Doch seit Anfang des Jahres haben Bauarbeiter die Idylle zerstört: Etwa 20 Kilometer von Flensburg entfernt, an der deutsch-dänischen Grenze, haben sie Pfähle in den Boden gerammt und einen Zaun errichtet – als Schutz gegen die Afrikanische Schweinepest, die über Wildschweine übertragen werden kann.
Am Montag setzten sie nach zehn Monaten Bauzeit das letzte Zaunteil nahe dem Grenzübergang Sofiedal ein: Der Wildschweinzaun, der auf einer Länge von 70 Kilometern von der Ost- bis zur Nordsee verläuft, ist fertig – und bleibt umstritten: Viele halten ihn für ein Symbol der Abschottung oder für völlig nutzlos.
Umgerechnet sechs Millionen Euro hat der Zaun gekostet. Doch ob er wirklich Dänemarks so wichtige Schweinezucht vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP), die in Polen festgestellt wurde, schützen kann? Viele dänische Veterinäre sehen das kritisch: Für sie ist nämlich der Mensch das Hauptproblem bei der Schweinepest. Über weggeworfene Brote mit Wurst aus dem Fleisch infizierter Tiere sowie den Schlamm in Radkästen von Autos oder in Schuhprofilen könne das Virus eingeschleppt werden. Dagegen helfe auch kein Zaun.
Der Vorsitzende des dänischen Schweineschlachtereiverbandes, Asger Krogsgaard, lässt sich dadurch nicht beirren. „Es ist ein guter Tag für die dänische Schweinefleischindustrie“, sagte er. Seine Begründung ist eher allgemeiner Natur: Der Zaun verhindere, dass Wildschweine über die Grenze kämen.
Dabei befürchte er gar nicht so sehr, dass infizierte Tiere über die
Grenze kommen, sondern dass sich die Wildschweinpopulation in Dänemark erhöht. Krogsgaard sieht das so: Je mehr Wildschweine im Land seien, desto größer werde das Risiko, dass ein Wildschwein beispielsweise von Menschen weggeworfene Wurst aus dem Fleisch ASP-infizierter Tiere fresse und so die für Menschen ungefährliche Seuche in die dänische (Wild-)Schweinepopulation getragen werde.
Ein Fund der Schweinepest auf dänischem Boden würde einen sofortigen Exportstopp für dänische Schweineprodukte in Nicht-EULänder bedeuten – und diese Ausfuhren beliefen sich laut Angaben der dänischen Behörden allein 2018 auf 9,6 Milliarden dänische Kronen (rund 1,3 Milliarden Euro).
Laut Experten rückt die bei Tieren in Polen nachgewiesene Afrikanische Schweinepest (ASP) weiter in Richtung Deutschland vor. Das Virus wurde seit Mitte November bei etwa zwei Dutzend Wildschweinen in der westpolnischen Woiwodschaft Lebus nahe der Grenze zu Brandenburg nachgewiesen. Vor wenigen Tagen wurde ein weiterer Fall in der Nähe der Ortschaft Kotla in Niederschlesien bei den Behörden bekannt – ebenfalls eine Grenzregion.