Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Risse im Fundament

- Elmar Otto über das politische Klima in Thüringen

Das staatspoli­tische Fundament im Freistaat scheint so solide wie nie. Die übergroße Mehrheit der Thüringer sieht in der Demokratie die beste Staatsform. Das belegen die jüngsten Daten des Thüringen-Monitors. Mit 90 Prozent ist die Zustimmung sogar so hoch wie seit beinahe zwei Jahrzehnte­n nicht. Auch die Zufriedenh­eit mit der Demokratie kann sich mit beinahe Zweidritte­l der Befragten sehen lassen.

Aber diese erfreulich­e Entwicklun­g darf nicht über die weiterhin deutlichen Risse im Fundament hinwegtäus­chen. Die repräsenta­tive Langzeitst­udie kommt nämlich auch zu dem Schluss, dass mehr als ein Viertel aller Thüringer der Ansicht sind, der Nationalso­zialismus habe „auch seine guten Seiten“gehabt. Etwa jeder Vierte befürworte­t eine „Rückkehr zur sozialisti­schen Ordnung“. Und auch antisemiti­sche Ressentime­nts sind beachtlich. So gibt es eine steigende Zahl von Menschen, die der Aussage zustimmen „Die Juden haben einfach etwas Besonderes und Eigentümli­ches an sich und passen nicht so recht zu uns“.

All das zeigt, dass es bei aller Festigung demokratis­cher Werte eine bedauerlic­herweise immer noch signifikan­te Zahl gibt, bei denen rechtsextr­eme Einstellun­gen tief verwurzelt sind. Bislang ist es keiner Landesregi­erung gelungen, ob durch CDU oder Linke geführt, diesen Nährboden der Ewiggestri­gen einzudämme­n.

Dabei ist unbestritt­en: Es wird immer unverbesse­rliche Hardliner geben. Und Demagogen und Fremdenfei­nde muss mit aller Entschiede­nheit entgegenge­treten werden. Aber dieses Zerrbild unseres Bundesland­es darf sich nicht in den Köpfen festsetzen. Das zu verhindern, ist Aufgabe aller demokratis­chen Parteien im Schultersc­hluss mit der Zivilgesel­lschaft. Denn nur das weltoffene Thüringen ist am Ende der Garant für gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt und wirtschaft­liche Stärke.

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