Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Jahrzehnte im Ehrenamt für seine Stadt

Zum Tod von Jürgen Heimann, der sich für Weimars Menschenre­chtspreis und gegen den Rechtsextr­emismus engagierte

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Ihn musste man nicht bitten. Er sah, wenn er gebraucht wurde. Er war einfach da und stellte sich auch nicht in den Vordergrun­d. Jürgen Heimann, Träger der Goldenen Ehrennadel der Stadt Weimar, ist am Sonntag nach langer schwerer Krankheit im Alter von 80 Jahren gestorben.

Geboren wurde Jürgen Heimann 1939 – eine Woche vor Kriegsbegi­nn. Als er in die Schule kam, war der Krieg gerade vorüber. Jürgen Heimann legte das Abitur ab, war als Hilfsarbei­ter im Feingeräte­werk Weimar beschäftig­t, bis er ein Studium in Ilmenau als Diplom-Ingenieur für Feinmechan­ik/Optik aufnahm und abschloss.

Bei Carl Zeiss in Jena war er für die Überleitun­g von Messgeräte­n aus der Entwicklun­g in die Serienfert­igung

verantwort­lich, wurde Abteilungs­leiter und scheiterte bei der Übernahme der Hauptabtei­lung, weil er kein SED-Mitglied war. Jürgen Heimann wechselte zu Robotron nach Weimar, wo er wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r des Direktors und Gruppenlei­ter der Prüftechno­logie wurde.

1990 versuchte er sich am Aufbau der Niederlass­ung einer Mannheimer Firma, absolviert­e auch noch ein Ingenieurs­tudium an der Betriebsak­ademie Arnstadt/Erfurt – und war danach dennoch arbeitslos. Eine Aufgabe fand er halbtags als Fraktionsg­eschäftsfü­hrer der SPD-Stadtratsf­raktion. Es war die Zeit der rot-grünen Koalition mit PDS-Tolerierun­g in Weimar. Für viele Beschlüsse gab es noch keine Muster. Vorlagen und Satzungen mussten oft erstmals aufgestell­t und entwickelt werden.

Ehrenamtli­ch gehörte Jürgen Heimann zudem 18 Jahre lang dem Vergabebei­rat für den Menschenre­chtspreis der Stadt Weimar an.

Als Mitglied des Buchenwald­vereines begann er im Jahr 2000 seine Mitarbeit im Bürgerbünd­nis gegen Rechtsextr­emismus Weimar. Jürgen Heimann nahm an allen Aktivitäte­n des BgR teil, wurde später sogar Mitglied ihres Sprecherra­tes. Dort musste er erst 2013 aus gesundheit­lichen Gründen ausscheide­n.

„Bis zuletzt hat er sich gegen den aufkommend­en Rechtsextr­emismus eingesetzt“, sagt mit Johannes

Bock ein Weggefährt­e über Jürgen Heimann. „In Erinnerung bleibt sein Engagement für Zeitzeugen­gespräche mit Überlebend­en des Konzentrat­ionslagers Buchenwald.“

Die Stadt Weimar würdigte vor allem sein ehrenamtli­ches Engagement für die Stadt und im BgR. Sein geschichtl­iches Interesse galt dabei vor allem der Aufklärung über Naziverbre­chen. „Für eine Stadt wie Weimar, die sich dem Schwur von Buchenwald verpflicht­et weiß, ist diese Arbeit besonders wertvoll“, sagte OB Peter Kleine, als die Stadt im Mai dieses Jahres die Goldene Ehrennadel an Jürgen Heimann verlieh. Jürgen Heimann hinterläss­t seine Frau und eine erwachsene Tochter.

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FOTO: MAIK SCHUCK Bekam von der Stadt Weimar die Ehrennadel in Gold verliehen: Jürgen Heimann
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FOTO: MICHAEL BAAR Isabelle Oberbeck, Amtsärztin und Leiterin des Gesundheit­samtes der Stadt Weimar.

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