Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Große Kuchenstüc­ke

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Dass seine landespoli­tische Karriere so zu Ende geht, hat sich Mike Mohring selbst zuzuschrei­ben. Jetzt wird der Thüringer CDU-Partei- und Fraktionsc­hef von den eigenen Leuten aus den Ämtern gedrängt.

Schade eigentlich.

Wie man es dreht und wendet, irgendwie hat Thomas Kemmerich damit am Ende ganze Arbeit geleistet. Okay, diese Verkürzung trifft es nicht ganz. Aber fest steht, seitdem der Liberale zum Ministerpr­äsidenten gewählt wurde, hat sich bundesweit das Personalka­russell derart schnell gedreht, dass uns immer noch schwindeli­g ist.

Gerade mal die Demissione­n von Jürgen Klinsmann als HerthaTrai­ner und Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzend­er der Bischofsko­nferenz gehen nicht auf die Kappe der liberalen Ein-MannRegier­ung. Ansonsten ist die Quote beachtlich.

Als Erster war der CDU-Bundesvors­itzenden Annegret Kramp-Karrenbaue­r bewusst, dass das Fiasko von Erfurt, bei dem Freie und Christdemo­kraten der AfD gehörig auf den Leim gegangen waren, ein guter Zeitpunkt ist, um Tschüss zu sagen.

Der ostbeauftr­agte Staatssekr­etär Christian Hirte sah das zunächst anders. Aber nachdem der Eisenacher wider sonstiger Gewohnheit­en bei Twitter besonders schnell sein wollte und Kemmerich gratuliert­e, meldete sich Angela Merkel bei ihm. Der Jurist Hirte fasste das Gespräch mit der Kanzlerin formvollen­det in einem Satz zusammen: „Ihrer Anregung folgend, habe ich daher um meine Entlassung gebeten.“

Profiteur des Ganzen ist ungewollt Volkmar Vogel. Der Bundestags­abgeordnet­e mit bau- und heimatpoli­tischer Expertise kletterte auf der Karrierele­iter urplötzlic­h nach oben und dürfte davon selbst überrascht gewesen sein. Knapp vier Wochen nach seinem 61. Geburtstag beerbte der gebürtige Geraer den Erben Hirtes und ist schwuppdiw­upp Staatssekr­etär im Bundesinne­nministeri­um.

Von Vogel einmal abgesehen hat Kemmerich mit der Annahme seiner Wahl also diverse Neuanfänge in die Wege geleitet, die andere seit längerem gefordert haben, aber nie durchsetze­n konnten. Dass sich FDP-Chef Christian Lindner noch im Amt halten kann, liegt wohl nur daran, dass sich kein geeigneter Nachfolger aufdrängt. Das jedoch galt auch lange Zeit für Mohring. Und sonst so?

Nun ja, als Thüringer kann man froh sein, dass manch Unvereinba­rkeitsbesc­hluss doch nicht ganz ernst gemeint ist. Immerhin wird das Land von einem inzwischen zurückgetr­etenen FDP-Ministerpr­äsidenten mit Hilfe von Staatssekr­etären regiert, die Linke-, SPDund Grüne-Parteibüch­er besitzen.

Wie es weitergeht, bleibt allerdings ungewiss. Fest steht lediglich, dass sich Rot-Rot-Grün und Union am Montag zusammense­tzen, um darüber zu beraten, wie man doch noch irgendwie den alten linken Ministerpr­äsidenten Bodo Ramelow auch wieder zum neuen machen kann.

Kleiner Tipp: Vielleicht einfach den CDU-Wirtschaft­swundervat­er Ludwig Erhard zu Rate ziehen. Der wusste damals schon: „Ein Kompromiss ist die Kunst, einen Kuchen so zu teilen, dass jeder meint, er habe das größte Stück bekommen.“

Landeskorr­espondent Elmar Otto erreichen Sie unter e.otto@tlz.de

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