Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Über Ämter
Vielleicht“, tönt Dick, „als er den Bushfire entkorkt, „mach’ ich demnächst in Politik.“Schallendes Gelächter. „Du!?“lästert Bill. „So ein unerfahrener, unreflektierter, rothaariger Heißsporn?“– „Das“, entgegnet Dick kühl, „haben vor vier Jahren über Trump auch alle gesagt. Aber der wird sicher wieder gewählt, während hierzulande die Ämter immer schneller frei werden. Mancher regiert bloß einen einzigen Tag.“
Wir lachen und saufen. „Falsch ist“, meldet sich Jack vom Herd, „den Fehler bei den Akteuren zu suchen. Es liegt an uns. Am Wahlvolk. Wir sind so hysterisch, verwöhnt und zerstritten, dass es uns keiner recht macht.“– „Na bitte“, triumphiert Dick. „Dann könnte man ebenso gut einen Quereinsteiger nehmen.“– „Die Idee“, sagt Jack, als er die Bratkartoffeln auftischt, „ist gar nicht so dumm.“
Wir mampfen gemütlich. „Bei den alten Griechen, die unsere Staatsform vor 2500 Jahren erfunden haben, wurden viele politische Ämter verlost“, doziert der Alte. „Man nennt dieses Prinzip Demarchie.“Ungläubiges Staunen. „In der Polis“, so Jack, „war klar, dass jeder sich mit aller Kraft fürs Gemeinwohl einsetzt. Folglich konnte das Los jeden treffen. Jeden Cowboy.“Wir wiehern. „Hieho Hauhoy?“fragt Bill kauend. – „Na ja“, so Jack, „Leute wie uns. Ein freier Mann musste man sein. Frauen hatten nichts zu melden. Und vergessen wir nicht: Das antike Athen war eine Sklavenhaltergesellschaft.“
Je länger wir darüber kauen, desto besser gefällt uns Jacks Vorschlag. „Immerhin musste sich kein Politiker beschimpfen lassen“, sage ich. „Er konnte sich ja aufs Lospech berufen.“Alle nicken. Dick schenkt nach. „Wer macht jetzt den Abwasch?“fragt der Alte scharf in die Runde. Wir drucksen ein bisschen, bis Dickie Würfel hervorzieht und ausruft: „Machen wir’s doch wie die Griechen!“Wie auf Befehl steht Minavere in der Tür. „Einverstanden“, sagt unser guter Geist, „die Frau des Hauses waltet ihres Amtes.“– Wie wunderbar. Wir prosten ihr zu.