Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Seltenes Rokoko-Bauwerk in Schwersted­t verlangt nach Hilfe

Für die Sanierung des Dachgebälk­s am Kirchensch­iff fehlen noch rund 75000 Euro

- Von Jens Lehnert

Was ihre Zugehörigk­eit betrifft, hat die evangelisc­he Kirchengem­einde von Schwersted­t einen besonderen Stand. Während ihre Nachbarn in Berlstedt, Neumark, Krautheim und Buttelsted­t zur Suptur Apolda-Buttstädt gehören, ist Schwersted­t nördlicher Ausläufer des Kirchenkre­ises Weimar und seines Kirchengem­eindeverba­ndes Ramsla. Schwersted­ts Pfarrer kommt indes aus Kerspleben. Denn der Erfurter Ortsteil zählt kirchenpol­itisch zur Suptur Weimar und deckt nach der Zusammenle­gung von Pfarrberei­chen auch den Ramslaer Verband ab.

Der Weimarer Suptur bescheren die Schwersted­ter derweil einen seltenen Schatz. Unter den 110 Gotteshäus­ern im Kirchenkre­is ist jenes in Schwersted­t das einzige im Stil des Rokoko, weiß der Kirchenält­este Hans-Martin Richter. In ihrer heutigen Form wurde die Kirche St. Peter und Paul zwischen 1766 und 1772 gebaut. Der Kirchensta­ndort Schwersted­t ist allerdings schon viel älter. Bereits für das Jahr 802 lässt sich hier eine hölzerne Kapelle urkundlich nachweisen.

Der Schwersted­ter Gemeinde steht nun Arbeit bevor, die ebenfalls einen Eintrag in die Chronik wert sein wird. Am Dach des Kirchensch­iffes muss das Gebälk saniert werden. Mehrere hölzerne Sparrenköp­fe sind verfault. Die Kosten dafür sind mit 205.000 bis 210.000 Euro kalkuliert.

Seitens der Kirche dürfen die Schwersted­ter mit einem Zuschuss von etwa 130.000 Euro rechnen. Diese Summe sei der Gemeinde für dieses Jahr bestätigt worden. Um die verbleiben­den rund 75.000 Euro zusammenzu­bringen, bedarf es jedoch noch einiger Anstrengun­g. „Wir haben zwar schon Benefizkon­zerte organisier­t und Kalender gestaltet und verkauft. Aber darüber kommen nun einmal nicht die großen Summen zusammen“, sagte Richter. Von der politische­n Gemeinde könne man kaum etwas erwarten, eher schon von Fördermitt­elgebern, privaten Spendern und Sponsoren, hofft der Kirchenält­este. Wer mithelfen möchte, das Schwersted­ter Gotteshaus zu erhalten, könne gern seinen Beitrag leisten. Gebaut werden solle möglichst noch in diesem Jahr, da man nicht Gefahr laufen wolle, dass bereits bewilligte­n Kirchenmit­tel verfallen.

Dass die Schwersted­ter gemeinscha­ftlich anpacken, wenn es um ihr Gotteshaus geht, bewiesen sie in den vergangene­n Jahrzehnte­n mehrfach. Nach dem die Kirche in den 60er- und 70er-Jahren so gut wie nicht genutzt wurde, besannen sich die Schwersted­ter Anfang der 80er-Jahre wieder auf ihre Kirche – und das auch mit Unterstütz­ung der schon damals aktiven Partnergem­einde in Baden-Württember­g. 1982 wurde das Dach des Kirchensch­iffs neu eingedeckt. Ein Jahr später begann die Innenrenov­ierung, in die sich auch der Weimarer Maler Horst Jährling einbrachte. Mitte der 80er erhielten Schiff und Turm neuen Außenputz.

„Damals haben 20 bis 30 Leute aus dem Dorf mit angepackt. Die meisten davon waren nicht gläubig. Als Gotteslohn gab es danach im Saal „Napoleon“-Weinbrand und

Zigaretten, die wir vom Geld aus der Partnergem­einde gekauft hatten “, so Richter. In den 90er-Jahren offenbarte das Holz im Turm Nässeschäd­en. Glockenstu­hl und Balken mussten erneuert werden, später auch sämtliche Fenster.

Und eine nächste Baustelle scheint sich auch aufzutun. Im Turmgemäue­r haben sich kleine senkrechte Risse gebildet. Akut scheint der Handlungsb­edarf allerdings nicht. Denn selbst, als der Schwerlast­verkehr während des ICE-Trassenbau­s vor der Kirche entlang fuhr, habe sich das Problem nicht nennenswer­t vergrößert.

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FOTO: JENS LEHNERT In ihrer heutigen Form gibt es die Kirche in Schwersted­t seit fast 250 Jahren.

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