Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Gurken im Winter
Grüne
Am Ende des Winters lechzt der Körper nach frischem Grün. Gemüse in dieser Farbe gibt es zwar auch bei Eiseskälte zu kaufen, aber Gewissen und Verstand sagen, dass so etwas Asaisonales einfach nicht schmecken kann. Als bekennender Gurkensalatliebhaber habe ich insbesondere die Zubereitung dieses köstlichen Kürbisgewächses vor Ostern abgelehnt. Nun bekam ich ausgerechnet in einem Berliner Sternerestaurant einen Rahmgurkensalat. Skeptisch gabelte ich das erste grüne Stück und war verwundert über den vollen Geschmack zur Unzeit. Heimlich raunte mir der Meister zu, die kämen von Bauer Uwe aus einem kleinen Gewächshaus. Kriegt nur er, toller Sommergeschmack, oder? Natürlich mit Schale, weil ungespritzt.
Was Uwe in Brandenburg kann, müssen doch auch andere können. José in Spanien, Piet in Holland oder Özgür in der Türkei. Aber welche schmecken am besten? Die krummen Gartengurken aus dem Freiland, die bei Uwe so von Mai bis September zu erwerben sind, liegen in jedem Fall weit vorne. Da für die Gurkengroßindustrie wirtschaftlich nicht so interessant, verzichtete man bei ihr darauf, den doch so angenehmen leichten Bittergeschmack wegzuzüchten. Mit süßem Rahm und Liebstöckel oder Joghurt und Dill ein Traum. Bei der gemeinen Supermarktgurke sollte man hingegen darauf achten, dass sie nicht mit allzu viel Gießwasser künstlich aufgebläht wurde. Denn eines habe ich gelernt: Je billiger und dicker im Winter, umso geschmackloser. Deswegen machen gerade jetzt die kleinen türkischen Minigurken knackigen Salatspaß. Qualitätsfazit meines winterlichen Gurken-Contests: Hauptsache, nicht so dick! Geschmackssieger war übrigens eine kleine krumme Bio-Gurke von José. Weil die von Uwe kriege ich ja nicht.