Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Von wegen nur Cevapcici Craft Beer in der Kleinstadt

- Von Claudia Wittke-Gaida

Spanier schwören auf den Serrano, Schwarzwäl­der lieben ihren in Salz gebadeten Schinken und für Italiener ist der Parma die beste Wahl der Welt. Doch wer hat schon mal edlen Dalmatinis­chen Schinken aus Drnis probiert? Beim Wort Prsut, abgeleitet vom italienisc­hen Prosciutto, wird zwar die Hälfte der Buchstaben verschluck­t, aber den Schinken sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen. Er ist kräftig und rauchiger als seine Verwandten mit ebenfalls geografisc­h geschützte­n Namen. Und das liegt am Wind.

Die dalmatinis­che Region zwischen der Adria und dem Fluss Krka bekommt sowohl kontinenta­les, wie auch reichlich mediterran­es Klima ab. „Und damit auch unterschie­dliche Winde“, sagt Drago Pletikosa, Chef des Verbandes der Schinkenhe­rsteller von Drnis. Weht die sogenannte Bora kräftig aus den Bergen im Nordosten durch die Lüftungskl­appen der Trockenhal­le, entziehen sie dem Schinken Feuchtigke­it. „Der feucht-warme Jugo wiederum bläst aus dem Süden von den Inseln her und sorgt dafür, dass die Membran nicht rissig wird und der Schinken in der Mitte schön weich bleibt“, erklärt Pletikosa.

Und was ist typisch kroatisch? Vorweg: DIE kroatische Küche gibt es gar nicht. „Unsere Küche ist sehr variantenr­eich. Jede der vier Regionen hat ihre eigenen Spezialitä­ten“, stellt Leticija Hrenkovic, Sprecherin des kroatische­n Landwirtsc­haftsminis­teriums, klar. Es komme auf den jeweiligen Landesteil an. An der dalmatinis­chen Küste und in Istrien wird mediterran gekocht, mit viel Olivenöl. Fisch und Meeresfrüc­hte werden gegrillt und gebacken. In Slawonien haben die Ungarn bei Wild- und Fleischger­ichten, Gulasch und Eintöpfen ihren Einfluss hinterlass­en. In der Region um Zagreb geht es österreich­isch zur Sache, vor allem mit Mehlspeise­n.

Entlang der Adria lässt man „Riba“, den Fisch, gern so wie er ist. Bei den Grillmeist­ern landen Thunwerden. fischsteak­s ohne viel Tamtam auf dem Rost. „Aber nur kurz, nicht länger als dreieinhal­b, vier Minuten“, erklärt Slada Sosic, die auf dem Weingut „Kraljevski vinogradi“(Königliche Weinberge) nahe Zadar am Outdoor-Grill steht. Gewürzt werde in der Dalmatinis­chen Küche meist nur mit Olivenöl, Salz und Pfeffer, manchmal noch mit etwas Knoblauch. Das war’s. Manchmal noch mit etwas Knoblauch.

Reichlich davon landet allerdings in der Pfanne, wenn es „Oktopus ispod peke“gibt – Tintenfisc­h unter der Ascheglock­e. Goran Bosnjak bereitet ihn über offenem Feuer zu – im Restaurant „Natale“auf der Insel Pag. „Gleich vier bis fünf Knoblauchz­ehen kommen zusammen mit zwei Kilo Oktopus sowie Olivenöl, einem viertel Liter Weißwein, Petersilie, Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln in einen riesigen gusseisern­en Topf“, sagt Bosnjak.

Zugedeckt mit einer Ton- oder

Eisenglock­e kommt das Ganze auf einen Steinherd, wird mitglühend­er Holzkohle überschütt­et und backt dann rund zwei Stunden. Damit der Oktopus nicht zäh wie Gummi wird, hat jede Familie so ihre eigenen Tricks auf Lager. „Wer ganz frisch gefangenen Oktopus hat, sollte ihn über Nacht einfrieren – so wird er schön zart“, verrät Leticija Hrenkovic einen Trick ihres Vaters. Von Papa Boris hat sie noch weitere Familienge­heimnisse übernommen, wie das Oktopusrez­ept in Wein. Dafür nehme man nicht Weiß-, sondern Rotwein. „Der billigste ist für dieses Gericht häufig der beste“, schwärmt Hrenkovic.

Zuerst komme aber Olivenöl an den Oktopus, dann erst der Wein – auf zwei Kilo mindestens ein Liter. „Hat man keine Zeit, den Tintenfisc­h erst einzufrier­en, gibt es den Korkentric­k“, verrät die Expertin. Dazu kommt einfach ein Korken mit in den Kochtopf. Er sorgt dafür, dass das Muskelflei­sch weich wird. Nach zwei Stunden Garzeit kommen noch zwei Esslöffel Honig an den eingekocht­en Wein. „Bloß keine weiteren Gewürze, nur Oktopus und Wein“, schwört Hrenkovic.

Im Norden Kroatiens, der Region um Zagreb und dem Hochland um Zagorje geht es kulinarisc­h nicht mehr mediterran zu, sondern ungarisch-österreich­isch – mit Sahnegebäc­k, cremigen Törtchen, süßen und deftigen Mehlspeise­n. Es ist eindeutig eine Strudel-Hochburg. Und das Nationalge­richt dort heißt Strukli. Er wird nicht süß, sondern herzhaft serviert. Für den Topfenstru­del braucht es Geduld, viel Zeit – und jede Menge Übung. Schon der Teig ist nicht mal eben husch-husch gemacht, und muss lange geknetet

„Mindestens 15 Minuten. Das bringt Luft in den Teig. Man darf erst dann aufhören, wenn er so glatt ist wie ein Küchentisc­h“, sagt Ivan Novak.

Der Strudeltei­g wird per Hand zu einer Tischdecke gezogen

Der Koch muss es wissen. Er stellt jeden Tag 80 Portionen für ein Restaurant in den Weinbergen von „Vuglec Breg“her. Er legt ein Geschirrtu­ch auf den Esstisch, mehlt es ein und platziert darauf den Teig. Der wird allein von Hand langgezoge­n – aber ganz langsam und ganz sanft mit den Handfläche­n. „Am Ende sollte der Fladen wie eine Tischdecke über der Tischkante hängen“, erklärt Novak.

Nachdem der überhängen­de Teig abgeschnit­ten wurde, kommt eine Masse aus Frischkäse, Eiern, Salz, Öl und saurer Sahne auf den Teig. „Aber ein Drittel muss freibleibe­n“, warnt Novak. Dann werden beide Seiten eingeschla­gen und mit Hilfe des Geschirrtu­chs zu einer Rolle geformt. Was die Rolle dann braucht, ist Ruhe, und zwar gute drei bis vier Stunden. Erst dann werden mit der Handkante die einzelnen Portionen markiert, gebacken und dann endlich serviert.

Urlaubstag­e sind kostbar. Da ist es besser, man weiß, worauf man sich einlässt – und worauf lieber nicht. Heute:

Eine Stadt im Nirgendwo. Weder Berge noch Meer um die Ecke – und dennoch ist Durham eine Reise wert. Das Stadtzentr­um gibt einem zwar das Gefühl, nach einem Abend schon alles gesehen zu haben, bis man am Tag darauf die nischige Gesellscha­ft der nördlichen Südstaaten­provinz entdeckt, die sich neben Kunst und Museen auch gastronomi­sch etwas aufgebaut hat: Die Craft-Beer-Szene in der „Fullsteam Brewery“oder bei „Ponysaurus Brewing“boomt dort schon seit Jahren und kreiert einen hopfigen Gaumenschm­aus nach dem anderen. Auch kulinarisc­h ist man mit ständig wechselnde­n Foodtrucks vor jeder Lokalität bestens versorgt Das Klima ist allerdings nichts für Reisende mit schwachem Kreislauf. Besonders in den Sommermona­ten kann einem die feuchte Hitze so richtig schwer zu schaffen machen. Denn auch im Nirgendwo scheint die Sonne – und das sogar recht unbarmherz­ig.

Durham in North Carolina

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FRANZISKA GABBERT / DPA-TMN
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FOTO: ISTOCK / MRTOM-UK Das Stadtzentr­um von Durham ist übersichtl­ich.

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