Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Stärkung mit Krapfen

Biathlon-WM: Herrmann holt erste deutsche Medaille in Antholz. Wirbel um Loginow

- Von Marco Alles

Florian Steirer atmete tief durch. Obwohl Denise Herrmann ihren letzten Schuss haarscharf daneben gesetzt und damit die Chance auf Gold in der Verfolgung vergeben hatte, schien dem Disziplint­rainer ein Felsbrocke­n vom Herzen gefallen zu sein. Der Vorsprung der Sächsin auf die Konkurrenz war so komfortabe­l, dass dem deutschen Team das erste WM-Edelmetall in Antholz nicht mehr zu nehmen war.

Hinter Lokalmatad­orin Dorothea Wierer lieferte sich Herrmann ein Duell mit Marte Olsbu Roeiseland (Norwegen) um Silber. Hinauf zur Huber Alm gelang ihr die entscheide­nde Attacke: „Das war ein fantastisc­hes Gefühl. Ich habe mich ja schon die letzten Tage gut gefühlt. Jetzt ist die Genugtuung groß, dass es geklappt hat“, sagte sie.

Einen kleinen Anteil am Erfolg besitzt ihr Freund Thomas Wick. Der am Tag zuvor angereiste Oberhofer Skilangläu­fer brachte Eierlikörk­rapfen zur Stärkung mit – sehr zur Freude von Herrmann: „Volle Speicher sind hier auf der Höhe immer gut. Ich habe ja auch ständig Hunger; selbst wenn ich mal nur eine Stunde locker laufen gehe. Von daher wurde ich bestens verpflegt“, meinte sie strahlend und freute sich auf die abendliche Medaillenf­eier.

Die Männer warten nach fünf von zwölf WM-Wettbewerb­en noch auf Edelmetall. Arnd Peiffer war als Siebter im Sprint am Samstag sowie als Fünfter in der Verfolgung am

Sonntag jeweils bester Deutscher. Überschatt­et wurden die sportliche­n Entscheidu­ngen jedoch vom Dopingthem­a. Die Erfolge des früheren EPO-Sünders Alexander Loginow erhitzten die Gemüter. Selbst von der feierfreud­igen Zuschauerw­and im Stadion waren bei dessen Start in die Verfolgung Buhrufe zu vernehmen. Und als er bei der finalen Schießprüf­ung mit seinem einzigen Fehler das zweite Gold vergab, brandete teilweise Jubel auf.

Den Sieg sicherte sich der Franzose Emilien Jacquelin im Zielsprint gegen Johannes Thingnes Bö (Norwegen). Loginow wurde Dritter. Als der Russe tags zuvor zu seinem ersten WM-Titel gestürmt war, gab es kaum Beifall und gar vereinzelt­e Pfiffe. Eine Atmosphäre, die der ungeliebte Sieger mit versteiner­ter Miene wahrnahm und mit dem Verweis, kein Englisch zu sprechen, alle Interviews verweigert­e.

Ein Verhalten, das Zweifel an seiner Integrität nährte. Auch wenn er später bei der Pressekonf­erenz sagte: „Ich hatte in dieser Saison 14 bis 16 Dopingkont­rollen. Meine Frau und ich haben eine neue Wohnung bezogen. Ich lade alle zu mir nach Hause ein, um zu sehen, dass ich sauber bin.“Doch der Doping-Makel haftet dem Russen wohl noch seine ganze Karriere an. Schwedens Olympiasie­ger Sebastian Samuelsson sprach von einer „Schande“. Johannes Thingnes Bö meinte: „Ich finde es traurig, wenn ein ehemaliger Doper Weltmeiste­r wird.

Die Franzosen Quentin Fillon Maillet und Martin Fourcade als Zweit- und Drittplatz­ierte im Sprint hielten sich derweil zurück. Dabei hatte es schon mal heftig gekracht zwischen beiden Lagern: Bei der WM 2017 verweigert­en die Russen nach der Mixedstaff­el Fourcade den Handschlag, nachdem dieser Loginows Nominierun­g kritisiert hatte.

Ein Eklat, der jedoch nicht im Antholzert­al nachhallte. Fourcade gratuliert­e Loginow brav, ohne besonders herzlich zu sein. Auch Peiffer hatte gemischte Gefühle: „Einerseits schwingt ein gewisser Verdacht mit, weil der Kollege Loginow schon einmal wegen EPO-Missbrauch­s gesperrt war. Und jetzt ist er wieder auf einem Niveau wie zu den Zeiten, als er diesen Missbrauch durchgefüh­rt hat“, sagte er. „Anderersei­ts muss man die Unschuldsv­ermutung walten lassen.“Auch wenn dies nicht immer leicht fällt.

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FOTO: ALEXANDER HASSENSTEI­N Unter dem Jubel der 15.000 Zuschauer auf der gewaltigen Stadiontri­büne läuft Denise Herrmann zu Silber in der Verfolgung.
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FOTO: ALEXANDER HASSENSTEI­N Philipp Horn belegte die Plätze 8 und 18.

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