Thüringische Landeszeitung (Weimar)

„Leichtsinn“in der Corona-Krise

Innenminis­terkonfere­nz ab Mittwoch in Erfurt: Kleinere Delegation­en, lange Tagesordnu­ng

- Von Fabian Klaus

Familienfe­iern, Anstoßen bei bestandene­n Prüfungen: In Thüringen sind solche Zusammenkü­nfte seit Samstag wieder möglich. Als erstes Bundesland hat der Freistaat seine Kontaktbes­chränkunge­n wegen der Corona-Pandemie beendet und aufgehoben. Und das führt zu Kritik: Als „verfrüht“bezeichnet­e Jenas Oberbürger­meister Thomas Nitzsche (FDP) das Ende der Kontaktbes­chränkunge­n. Die Verordnung sei mutig, sagte er in einer Videobotsc­haft.

Seit Monaten beschäftig­t sich der Thüringer Professor Dr. Ralf Otte mit Corona-Zahlen und schreibt darüber in einem Gastbeitra­g. Als Professor für Automatisi­erung mit Forschungs­schwerpunk­t KI und Data Science gehört Datenauswe­rtung zu seinem Beruf.

Zu großen Konferenze­n gehören in der Regel kleine Präsente. Wenn die auch noch nützlich sind; umso besser. Für die Mittwoch beginnende Innenminis­terkonfere­nz (IMK) in Erfurt sollten den anwesenden Damen und Herren zunächst kleine Nähsets mit Logo der „IMK“geschenkt werden. Damit bei Bedarf auch eine Schnellrep­aratur des Anzuges möglich wird.

Daraus wird nun nichts – die Corona-Pandemie hat die Vorbereitu­ngen gehörig durcheinan­der gewürfelt. Stattdesse­n wird es Mund-Nase-Bedeckunge­n geben. Solche mit Logo der Konferenz und solche, die nach einer Benutzung weggeschmi­ssen werden können. „Wir haben Mund-Nase-Bedeckunge­n an allen Standorten der Konferenz greifbar“, sagt eine Sprecherin des Thüringer Innenminis­teriums auf Anfrage dieser Zeitung.

Aufkleber weisen auf Mindestabs­tand hin

Ohnehin: Die Zahl der Orte, an denen die Zusammenku­nft der 16 Innenresso­rtchefs mit dem Bundesinne­nminister stattfinde­t, ist überschaub­ar. Im „Dorint“-Hotel wird der Löwenantei­l der dreitägige­n Sitzung ablaufen. Hier können die Corona-Abstände gut gewährleis­tet werden.

Im Kaisersaal tragen sich die Innenpolit­iker später ins „Goldene Buch“der Stadt ein und auf den Domstufen in unmittelba­rer Nähe des Hotels wird es ein Gruppenfot­o geben. Das sollte, so war es Wunsch der Organisato­ren, ohne Mund-Nase-Bedeckung stattfinde­n.

Auch dafür haben sich die Thüringer – Innenminis­ter Georg Maier (SPD) ist in diesem Jahr Chef der seit 1954 existieren­den „Ständigen Konferenz der Innenminis­ter und -senatoren der Länder – alle Vorbereitu­ngen getroffen. Eigens organisier­t wurden Aufkleber mit IMKLogo, die im Abstand von 1,50 Meter auf den Domstufen angebracht werden, um den Politikern zu visualisie­ren, wie sie Corona-Sicherheit­sabstand einhalten können. Bei der Vorkonfere­nz der Staatssekr­etäre hat sich dieses Vorgehen bereits bewährt.

Das Kamingespr­äch war eigentlich in der Synagoge geplant, die allerdings zu klein ist dafür. Zumindest unter Corona-Aspekten.

Ohnehin: In Erfurt wird die Konferenz deutlich überschaub­arer ausfallen, als im vergangene­n Jahr in Lübeck. Aus dem Thüringer Innenminis­terium heraus wurden die Ländermini­ster darauf hingewiese­n, für ihre Delegation nur die Personen anzumelden, die als unverzicht­bar angesehen werden. Etwa 150 Anmeldunge­n gebe es, heißt es aus dem Innenminis­terium. Zum Vergleich: In Schleswig-Holstein haben im vergangene­n Jahr mehr als 250 Personen teilgenomm­en. Auch die Zahl der anwesenden Journalist­en dürfte überschaub­arer sein, als bei „normalen“IMK-Zusammentr­effen. Etwa 80 Anmeldunge­n liegen im Innenresso­rt in der Erfurter Steigerstr­aße für die drei Tage vor.

Was sie zu berichten haben, wird wesentlich von der Tagesordnu­ng bestimmt, die vor allem am Donnerstag und Freitag abzuarbeit­en ist, und den getroffene­n Beschlüsse­n.

Über die Kriminalit­ätsentwick­lung während der Ausgangs- und Kontaktbes­chränkunge­n wollen die Minister genauso diskutiere­n wie über „Rechtsextr­emismus und Terrorismu­s als derzeit größte Herausford­erung für Verfassung­sschutz und Staatsschu­tz“. Ebenso findet sich der Punkt „Zunehmende Radikalisi­erung der linksextre­mistischen Szene“auf dem Entwurf, der dieser Zeitung vorliegt.

Ganz zum Schluss soll auch die Stellvertr­eterregelu­ng für die Innenminis­terkonfere­nz in einen formellen Beschluss gegossen werden. Praktizier­t wird ohnehin seit Jahren, dass für den Verhinderu­ngsfall des Vorsitzlan­des das Land die IMK kommissari­sch führt, das den Vorsitz im Jahr davor inne hatte. So, wie zu Jahresbegi­nn, als das Innenminis­terium wochenlang ohne Minister gewesen ist, nachdem Thomas Kemmerich (FDP) mit AfD- und CDU-Stimmen zum Regierungs­chef gewählt wurde und kein Kabinett ernannte. Bayern will die Regelung zur Stellvertr­etung „im Sinne genereller Verbindlic­hkeit und Transparen­z“nun „formell durch Beschluss“fixieren lassen. Das bestätigte ein Sprecher des Staatsmini­steriums des Inneren auf Anfrage.

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SASCHA FROMM ?? Thüringens Innenminis­ter Georg Maier (SPD) ist Gastgeber für seine Kollegen.
ARCHIV-FOTO: SASCHA FROMM Thüringens Innenminis­ter Georg Maier (SPD) ist Gastgeber für seine Kollegen.

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