Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Zur Kasse, bitte!
Bargeld lacht! So hieß eine Grundregel des bürgerlichen Geschäftslebens, an die auch wir uns, im Rahmen unserer bescheidenen Möglichkeiten, hielten. Wer bar zahlte, galt als solide und war als Kunde oder Gast überall wohlgelitten. Einige Branchen gewährten darauf sogar Rabatt. Heute dagegen klingt das als Geschäftsgrundlage bezeichnenderweise eigentlich nur noch in der Fernsehserie „Bares für Rares“an. Was darauf hindeutet, dass sich eine mit Antiquitäten befasste Sendung folgerichtig einer antiquierten Zahlweise bedient. Der auch wir noch bis neulich anhingen. Weil wir glaubten, auf diese Weise den Überblick über unser Geld zu behalten und es außerdem die Bank nichts angeht, wofür wir es ausgeben. Viel geholfen hat das nicht, denn am Ende war meist das Geld weg, aber noch Monat da. Daran hat sich auch nichts geändert – und das obwohl wir unter dem Eindruck der Corona-Krise zum bargeldlosen Zahlungsverkehr übergegangen sind. Widerstrebend, aber immerhin. Wir wollten es nicht länger verantworten, an der Kasse des Supermarktes unter den missbilligenden Blicken der Kassiererin passende Münzen aus den Tiefen unseres Geldbeutels zu klauben und Scheine glattzustreichen. Irgendwo hatten wir nämlich mal gelesen, dass an sämtlichen im Umlauf befindlichen Geldscheinen Spuren von Kokain – oder war es Heroin? – zu finden wären und dass Covid-19 noch viel gefährlicher sei. Vor diesem Hintergrund muss man dann auch mal bereit sein, von liebgewordenen Gewohnheiten im Zahlungsverkehr zu lassen. Auch wenn man, wie wir, immer noch nicht begriffen hat, wie das die Kellner in den Restaurants mit dem Trinkgeld handhaben.
Wird das abgebucht oder aufgebucht? Wir haben mal einen gefragt, der antwortete: Stimmt schon! Das war sonst eigentlich unser Text. Überhaupt hat die Kommunikation in der Corona-Krise sehr gelitten. Die Gesellschaft wird immer mehr zur Schweigenden Mehrheit und in der öffentlichen Debatte macht sich ein mürrischer, nörgelnder Unterton breit.
Es ist, als käme unter der Maske und Schutzscheibe eine vernünftige Unterhaltung kaum zustande. Früher brauchte man der Kassiererin nur einen großen Schein zu zeigen und bedauernd mit den Schultern zu zucken: Kleiner habe ich es nicht – schon war man im Gespräch. Über die Wechselfälle des Schicksals und die Zahlungsbedingungen des Lebens. Irgendwie ging es kommunikativer zu. Obwohl, in der Schlange am Kassenband machte sich auch damals schon unterschwellig eine aggressive Stimmung breit. Zahlen bitte!