Thüringische Landeszeitung (Weimar)
So tickt die Corona-Warn-App
In dieser Woche fällt der Startschuss – die wichtigsten Fragen und Antworten zur deutschen Smartphone-Anwendung
Seit Ende April arbeiten der deutsche Softwarekonzern SAP und die Deutsche Telekom an der deutschen Corona-Warn-App. Sie soll helfen, Infektionsketten früh zu erkennen und sie zu durchbrechen. Die Entwicklung der App kostet den Bund als Auftraggeber laut Regierungskreisen rund 20 Millionen Euro. Hinzu kommen 2,5 bis 3,5 Millionen Euro Betriebskosten pro Monat. In dieser Woche will die Bundesregierung die Corona-App offiziell vorstellen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Was soll die App leisten?
Mithilfe der App sollen Menschen nachträglich informiert werden, wenn sie sich in der Nähe von Personen aufgehalten haben, bei denen ein positiver Corona-Test vorliegt. Als Nutzer erfährt man nicht, um welche Person es sich handelte. Die App sagt einem ebenfalls nicht, ob man sich in einem bestimmten Moment
gerade neben einem Infizierten aufhält. Sie ersetzt auch nicht die geltenden Abstandsregeln. Um den vollen gewünschten Effekt bei der Eindämmung der Infektionen zu erzielen, müssten sich mindestens 60 Prozent der Bevölkerung beteiligen. Von dieser Zahl geht eine Studie der Universität Oxford aus. Doch Experten betonen: Jede Installation zählt. Positive Effekte würden sich auch bei einer deutlich geringeren Nutzerzahl zeigen.
Wie funktioniert die App?
Ist die App auf dem Smartphone installiert, sendet das Gerät über den Funkstandard Bluetooth eine zufällig generierte Identifikationsnummer (ID) in die nähere Umgebung. Parallel dazu prüft das Gerät fortlaufend, ob und wie lange es Bluetooth-Signale von anderen Smartphones empfängt. Sobald sich zwei Nutzer mit laufender Corona-App für eine gewisse Zeit in geringem Abstand zueinander aufhalten, tauschen beide Smartphones ihre ID-Nummern aus. Wird ein App-Nutzer positiv getestet, kann er dies in der App melden. Falschmeldungen sollen verhindert werden. Daher erhält der nachweislich Infizierte vom Gesundheitsamt einen Code zur Verifikation, den er bei der Meldung angeben muss. Setzt er eine Meldung per App ab, geht eine Warnung an alle App-Nutzer raus, die sich in den vergangenen 14 Tagen mindestens zehn Minuten lang oder im kritischen Abstand von unter zwei Metern neben der Person aufgehalten haben. Die Kontaktierten können sich dann an das Gesundheitsamt wenden.
Müssen alle die App nutzen?
Nein, das Herunterladen und die Nutzung der Corona-Warn-App geschieht laut Bundesregierung ausdrücklich freiwillig. Nicht jeder besitzt außerdem ein Smartphone mit Bluetooth-Funktion.
Wie berechnet die Warn-App das Infektionsrisiko?
Das reale Risiko will die Warn-App errechnen – anhand von vier Faktoren: Wie lange ist das Treffen her? Wie lange dauerte es? Wie nah sind sich beide Personen laut Bluetooth gekommen? Und wie infektiös war der Erkrankte einer Schätzung zufolge beim Treffen. Multipliziert ergeben diese Faktoren einen Risikowert, den „Risk Score“. Überschreitet dieser einen vom Robert-KochInstitut bestimmten Grenzwert, wird dem Nutzer auf seinem Smartphone eine Meldung angezeigt.
Was ist für die Installation auf dem Smartphone zu beachten?
Angeboten wird die Warn-App im Google Play Store für Android-Geräte und im Apple App Store für iPhones. Android-Smartphones müssen den energiesparenden
Standard Bluetooth LE unterstützen, das können alle Geräte ab Android 6 aufwärts. Dadurch soll sich der Akku nicht zu schnell entladen. Außerdem müssen die Google Play Services installiert sein. Das ist bei Android-Geräten in der Regel der Fall – außer bei neueren HuaweiModellen. Der chinesische Hersteller will jedoch eine eigene Lösung für den App-Betrieb anbieten. iPhones benötigen das aktuelle Betriebssystem iOS 13.5.
Wichtig ist: Die Corona-WarnApp wird nicht automatisch von Google oder Apple eingespielt. Jeder Nutzer kann und muss die App freiwillig installieren und anschließend dem Datenaustausch über Bluetooth aktiv zustimmen. Nutzer beider Systeme sollen parallel zur laufenden Warn-App auch andere Bluetooth-Anwendungen nutzen können, etwa Musik-Apps. Dafür haben Apple und Google entsprechende Ausnahmen eingebaut.
„Die App ist kein Heilsbringer, aber eine Riesenunterstützung für jeden, der sein Risiko einschätzen will.“
Helge Braun, Kanzleramtsminister, in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“
Wie bedient man die App?
Beide Entwicklerfirmen legen nach eigenen Angaben hohen Wert auf Barrierefreiheit. Das soll gewährleisten, dass die App von allen Menschen einfach bedienbar ist – unabhängig von Alter, Bildung oder körperlichen Einschränkungen. Texte lassen sich etwa vergrößern und Farbkontraste anpassen. Erklärende Abbildungen, eine einfache Sprache und zwei Hilfe-Hotlines sollen die Nutzung vereinfachen. Zum Start soll die App auf Deutsch und Englisch zur Verfügung stehen. Weitere Sprachen wie Türkisch sind geplant. Zudem soll die Anwendung ständig aktualisiert werden.