Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Der gesungene Widerwille
Geraer Sommerrevue muss wegen Regens kurz vor Schluss enden. Die Zuschauer wären auch länger geblieben
Kurz vor dem Finale muss die Sommerrevue „Achtung, Grillgefahr!“abgebrochen werden. Es fehlt nur noch der Monty-PythonKlassiker „Always Look On The Bright Side Of Life“, doch dann kommt der Regen. Schon den ganzen Sonnabend über hatte es geblitzt und gedonnert. Da war es fast ein Wunder, dass das Theater Altenburg-Gera seine Premiere vor der Bühne am Park überhaupt beginnen konnte. Die kleine Revue ist eines von fünf Corona-Spezialangeboten unter freien Himmel.
Sechs Schauspieler, ein Sänger und Musiker des Philharmonischen Orchesters präsentieren am Band
Schlager, Pop- und Rocksongs übers Grillen, Alkohol, Partykultur und die Liebe. Was anfänglich etwas eintönig wirkt, machen die pointierten Interpretationen wett.
Wenn Sebastian Schlicht beispielsweise mit Nerdbrille auf der Nase voller Verzweiflung singt: „Der Onkel Doktor hat gesagt, ich darf nicht küssen“, schwankt man zwischen zarter Rührung und reflexartigem Lachen. Eine ähnliche Wirkung erzielt Mario Radosin mit einem Lied des Komiker-Trios „Eure Mütter“. Darin beklagt sich der Interpret, welch hohles Thema er besingen muss: „Grillen! Grillen! Fleisch von der Flamme geküsst/ Grillen! Grillen! Ein Narr wer was anderes frisst.“Radosin verkörpert den gesungenen Widerwillen komödiantisch perfekt.
Brater Bernd (Markus Lingstädt) kann von Liedern übers Brutzeln nicht genug kriegen. Erst gibt er selbst den Ulkhit „Bernd am Grill“der Berliner Band Hasenscheisse zum Besten. Dann wird er zum heißhungrigen Hündchen, als Kai Wefer beim Uralt-Schlager „Ich möcht' ein Würstchen mit Senf beschmiert“Grillgut auspackt. Dann wird gerostet.
Mitreißend sind trotz 1,50-MeterPflichtabstand auch die Ensemblenummern wie „Don't Stop Me Now“von Queen. Oder der Hymnenreigen auf alkoholische Getränke wie Johnny Walker (Marius Müller-Westernhagen), Jägermeister (Tote Hosen) oder Schnaps (Willy Millowitsch). Das Team um Regisseur Manuel Kressin hat eine wohldosierte Liederauswahl getroffen, die beinah jeden Musikgeschmack bedient. Doch schon früh mischt sich am Samstag unter die schmissigen Klänge von Olav Krögers Bühnen-Kombo Gewittergrollen. Die Zuschauer hätten trotz des Regens ausgeharrt. Aber Geschäftsführer Volker Arnold muss die Geraer Aufführung abbrechen, um die Technik zu retten.
Weitere Aufführungen:
18. und 25. Juni jeweils 19.30 Uhr sowie 5. Juli, 15 Uhr, in Gera; 20. Juni und
2. Juli jeweils 19.30 Uhr sowie 28. Juni, 15 Uhr, in Altenburg.