Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Kleine Irritationen
FC Bayern debattiert über Transfers und Gehaltsverzicht, ist aber trotzdem nicht zu stoppen
Es steht außer Zweifel, dass das Repertoire des FC Bayern riesig ist. In den letzten Wochen hatte der Rekordmeister mit stürmischer Begeisterung, taktischer Variabilität oder einfach nur Finesse sich der Konkurrenz scheinbar spielend entledigt. Aber nun zeigte er, dass er auch Mühsal auf dem Weg zum 30. Meistertitel, der am Dienstag in Bremen perfekt gemacht werden kann, drauf hat.
„Arbeitssiege“, so Manuel Neuer nach dem 2:1 gegen Mönchengladbach, „können wir auch.“Dies zu beweisen, gehörte vermutlich nicht zur Taktik, die Trainer Hansi Flick seiner Mannschaft mitgegeben hatte. Aber dass die Partie ein kleines Experiment sein würde, dürfte ihm schon klar gewesen sein. Notgedrungen, weil Robert Lewandowski und Thomas Müller gesperrt waren sowie Thiago sich einer Leistenoperation unterziehen musste, und freiwillig, weil Kingsley Coman sowie Alphonso Davies zuletzt im PokalHalbfinale gegen Frankfurt (2:1) die Frische gefehlt hatte.
Die Bayern hatten zwar trotzdem ein Team mit großer Qualität auf dem Platz, aber eben eines, das nicht in der Lage war, einen Gegner zu überlaufen. Deshalb, sagte Neuer, „haben wir uns ein bisschen fallen lassen“bei Gladbacher Ballbesitz. „Das war unsere Marschroute.“Ein Plan, der angepasst war ans Personal. Denn Lucas Hernandez sucht noch seinen Platz. Den in der Innenverteidigung hat er vorerst verloren. Und auch auf links muss er sich hinten anstellen. Ihm fehlt gegenüber Davies nicht nur Tempo, sondern auch der Offensivdrang.
Dass Michael Cuisance in der Lage ist, zentral ähnlich kreativ zu agieren wie Müller, hat niemand erwartet. Der Franzose hatte sich sein
Startelf-Debüt für die Bayern gegen seinen Ex-Club verdient, wie Flick fand, weil er „im Training zeigt, dass er Qualität hat“. Flick weiß aber auch, dass die Integration und Entwicklung von Talenten nur eine seiner Aufgaben ist, die andere eben, Titel zu gewinnen. Und für die braucht er Spieler, die schon einen Schritt weiter sind als Cuisance oder auch Joshua Zirkzee, der Lewandowski-Vertreter zum 1:0 traf, ehe Benjamin Pavards Eigentor für das 1:1 sorgte und Leon Goretzka den Siegtreffer erzielte (86.).
Bereits unter der Woche hatte Flick deshalb wissen lassen, dass
„ein bisschen mehr Breite in der Qualität“ganz gut wäre. Es ist kein Geheimnis, dass er auf die Verpflichtung von Leroy Sané hofft.
Salihamidzic: Müller hat sich ein bisschen verdribbelt
Spekulationen über bevorstehende Top-Transfers hat zuletzt den Eindruck erwecken können, dass es in der Mannschaft rumort. Müller war aufgrund seiner Aussage („Es ist ja ein bisschen paradox, wenn man über Neuzugänge spricht und gleichzeitig Gehälter eingespart werden“) unterstellt worden, er sei gegen teure Verpflichtungen. Offenbar
auch vom Münchner Sportchef Hasan Salihamidzic. „Der Thomas hat sich mit der Aussage ein bisschen verdribbelt“, sagte er.
Müller fühlt sich hingegen falsch „und provokativ“interpretiert, wie er am Sonntag wissen ließ. Es gebe „keinen internen Streit“, es störe ihn lediglich, dass so getan werde, als ob „diese Top-Transfers mal so mit einem Fingerschnippen zu bewältigen wären. Als ob 100 Millionen oder 50 Millionen keine Summe sind, und das in Zeiten, in denen wir uns aktuell befinden.“
Kleine Irritationen auf dem Weg zum Titel – mehr nicht.