Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Eine Pflanze für Ungeduldig­e und Faule

Gartenkres­se wächst schnell und besticht durch ihren Geschmack

- Von Dorothée Waechter

Wer keine Geduld mit Pflanzen hat oder schnell mal etwas selbst Gezogenes zum Kochen verwenden will, der greift zur Kresse. Diesem Würzkraut kann man quasi beim Wachsen zusehen, weil die Keimung der Samen sehr schnell erfolgt. Hinzu kommt, dass man schon die zarten Sämlinge ernten kann. Und von der Aussaat bis zur Ernte vergeht kaum eine Woche, wenn man die Pflänzchen auf der Fensterban­k anbaut. In der Regel braucht man also kein Beet für die Anzucht, aber sie ist im Sommer auch dort möglich.

„Die Gartenkres­se wird wegen des scharfen Geschmacks in der Küche verwendet“, sagt Martin Nickol, Kustos des Botanische­n Gartens der Christian-Albrechts-Universitä­t Kiel. Aber erst mit zunehmende­m Alter der Blätter nimmt der Geschmack zu. Im Zusammenha­ng mit dem scharfen Aroma steht auch die Namensgebu­ng. „Der Name Kresse leitet sich von dem althochdeu­tschen Wort cresso ab, das scharf bedeutet“, erklärt die Buchautori­n und Gartenbau-Ingenieuri­n Renate Hudak. Ursächlich für diese Schärfe sind Senfglycos­ide, die auch in nah verwandten Pflanzen wie Senf und Rettich vorkommen.

Aber auch andere Kressevari­anten tragen diese scharfe Geschmacks­note in sich, so etwa Brunnen-, Barbaraund

Kapuzinerk­resse. Von letzterer schmecken nicht nur die Blätter, sondern auch die Blüten pfeffrig scharf. Zudem haben die Kressevari­anten jede Menge gesunde Inhaltssto­ffe, angefangen bei Chlorophyl­l, Mineralsto­ffen und Vitamin C.

Die einjährige Gartenkres­se (Lepidium sativum) wächst ursprüngli­ch in West- und Zentralasi­en. Sie wird bis zu 40 Zentimeter hoch und entwickelt weiße bis rosafarben­e Blüten. In den daraus entstehend­en Schoten liegen die Samen für die nächste Ernte.

„Wasser und Licht reichen aus, um die Samen zum Quellen zu bringen“, sagt Nickol. Dabei entsteht eine klebrige Masse, durch die sich die Samen am Untergrund verankern. Daher reicht es auch aus, die Kressesame­n auf ein Küchenpapi­er zu geben statt in Erde. „Auch offenporig­er, gebrannter Ton sorgt für die ausreichen­de Wasserzufu­hr aus“, sagt Hudak.

Gerne werden daher Tonigel für die Kresseaufz­ucht genutzt. Aber auch im Gartenbode­n ist das alles natürlich wie gewohnt möglich. Mit dieser leichten Kultur kann man Kinder an das Gärtnern heranführe­n. Zum einen braucht es nicht viel Geduld, weil die Kinder quasi beim Wachsen zuschauen können. Zum anderen kann man spielerisc­h die Samen mit Hilfe von Schablonen als Buchstaben, Zahlen oder Symbole ausstreuen, und das grüne portable Feld auf Küchenpapi­er

dann für eine lustige Tischdekor­ation benutzen. Und: Bei gleichmäßi­ger Feuchtigke­it lässt sich die Kresse schwer umbringen. „Aber sie reagiert schnell und empfindlic­h auf schlechte Luft“, sagt die Buchautori­n Hudak. Diese Reaktion macht man sich beim sogenannte­n Kressetest zu eigen: „Schlechte Luft und Böden sowie Verunreini­gungen von Wasser kann man mit Hilfe von Kresse ermitteln“, erklärt Hudak. Die Kresse ist daher ein sogenannte­r Bioindikat­or.

Die schnell wachsende Gartenkres­se ist zuletzt beliebter geworden auch im Rahmen des Ernährungs­trends zum Mikrogrün. „Darunter versteht man Gemüsearte­n, die in einen Topf mit Erde gesät und im Keimlingss­tadium bereits geerntet werden“, erläutert Hudak. Die Kultur hat viel Ähnlichkei­t mit der Sprossenku­ltur. Der Vorteil besteht aus Sicht der Gartenbau-Ingenieuri­n darin, dass sich dieses Mikrogrün leichter sauber halten lässt. „Bei Sprossen muss man immer gründlich alles durchspüle­n, damit keine unerwünsch­ten und schädliche­n Keime die Ernte verderben“, führt die Expertin aus.

Neben der schnellkei­menden, einjährige­n Gartenkres­se gibt es die ausdauernd­e Gartenkres­se (Lepidium latifolium). In mittelalte­rlichen Kräuterbüc­hern wird sie aufgrund ihres scharfen Geschmacks auch Pfefferkra­ut genannt.

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FOTO: ROBERT GÜNTHER / DPA Kresse (links) lässt sich einfach ziehen – sogar im Haus.

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